Düsseldorf Salafisten in NRW werben immer stärker um Flüchtlinge

Düsseldorf · Radikale Salafisten in Nordrhein-Westfalen versuchen immer häufiger, Flüchtlinge anzuwerben.

Islamist aus Dinslaken 2015 festgenommen
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Foto: dpa, rs pzi

In den vergangenen Wochen seien etwa 100 solcher Versuche von den Sicherheitsbehörden registriert worden, sagte der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, am Montag im Parlamentarischen Kontrollgremium des Düsseldorfer Landtags. In fünf Fällen seien Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden. Als Akquisiteure seien etwa 40 landesweit bekannte Salafisten beobachtet worden.

Diese Anwerbeversuche fänden nicht mehr nur in Flüchtlingsunterkünften, sondern verstärkt auch in Moscheen statt, erklärte Freier. Bereits in den letzten Wochen hatte der Verfassungsschutz die Leitungen von Flüchtlingsheimen vor salafistischer Missionierung gewarnt und über die entsprechenden Anwerbe-Praktiken aufgeklärt. Nach den Anschlägen von Paris sei das Anzeigeverhalten von islamistischen Aktivitäten in der Bevölkerung erkennbar gestiegen.

Bei den Einrichtungen für Salafismus-Prävention, den fünf "Wegweiser"-Stellen in NRW, sind in den vergangenen Monaten laut Freier über 2700 Anfragen besorgter Eltern, Lehrer und Schüler eingegangen. 80 Prozent der Anfragen seien aus Schulen gekommen. Derzeit würden 90 Jugendliche betreut, denen ein Abrutschen in den Salafismus drohe. Das vom Verfassungsschutz betriebene Ausstiegsprogramm habe Kontakte zu rund 50 Dschihadisten geknüpft. Bei etwa 25 von ihnen liege ein ernsthaftes Ausstiegsinteresse vor. Es seien häufig junge Männer, die in Syrien oder im Irak von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an der Waffe ausgebildet und im dortigen Bürgerkrieg "traumatisiert und desillusioniert" worden seien.

Durch die hohe Zuwanderung haben sich laut NRW-Verfassungsschutz zugleich die Aktivitäten von Rechtsextremen verstärkt. Flüchtlinge und Islamisten seien das beherrschende Thema rechter Organisationen, um neue Mitglieder und breitere Anerkennung zu gewinnen. Die an etlichen Orten entstehenden "Bürgerwehren" zögen auch Aktivisten aus der rechten Szene an. Wegen der Uniformierung und dem Unterlaufen des staatlichen Gewaltmonopolos seien solche Gruppierungen für Neonazis "sehr attraktiv".

Die öffentlichen Auftritte und Aussagen der rechtspopulistischen AfD finden laut Freier auch das Interesse des NRW-Verfassungsschutzes. "Das offene Material der AfD wird von uns gelesen und bewertet." Eine verdeckte Beobachtung der Partei finde aber nicht statt. Ein solches Vorgehen müssten alle 16 Bundesländer beschließen. Es sei offenkundig, dass es Einzelpersonen in der AfD gebe, die "rassistisch" seien, betonte Freier.

(KNA)
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