Düsseldorf Kölner und Hessen feiern Düsseldorf-Premiere

Düsseldorf · "Ist das jetzt dieses Düsseldorf?", fragt ein Pirat und guckt skeptisch aus dem Fenster. "Nee, das dauert noch. Wir sind ja gerade mal an Leverkusen vorbeigefahren", sagt jemand anderes. Erleichterte Zustimmung von allen Seiten, eine neue Runde Kölsch wird geordert.

Kölner und Hessen feiern Düsseldorf-Premiere
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Kölner und Hessen feiern Düsseldorf-Premiere

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Foto: Christoph Reichwein

Für viele der fast 200 Kölner, die sich auf den Weg nach Düsseldorf machen, um dort den nachgeholten Rosenmontagszug zu sehen, ist es die erste karnevalistische Erfahrung außerhalb der eigenen Stadtgrenzen. Bei aller Häme und allem Spott, den sich die Düsseldorfer anhören mussten, als vor fünf Wochen der Rosenmontagszug wegen einer Sturmwarnung abgesagt wurde: Die Neugier auf "den anderen Zug" ist groß. Die Facebook-Veranstaltung "Mit der Herde um die Erde", über die die Kölner KG Ponyhof ihren Ausflug beworben hatte, verbreitete sich binnen weniger Stunden im Netz, das Schiff war nach wenigen Tagen ausverkauft. Auch aus anderen Karnevalshochburgen kamen zahlreiche Gäste, weil sie die einmalige Chance hatten, den Düsseldorfer Zoch zu sehen, schließlich sind sie Rosenmontag immer ihrem eigenen Zug verpflichtet.

Als das KD-Schiff gegen halb zwölf am Fähranleger nahe des Burgplatzes anlegt, stehen alle an Deck und singen aus Leibeskräften den Karnevalshit "Wir kumm' us der Stadt met K". Es folgt ein Landgang mit ordentlich Kawumm. Als Zuschauer könnte man es da schon mit der Angst zu tun bekommen, doch glücklicherweise erweisen sich die Düsseldorfer als furchtlos, schunkeln mit, winken und freuen sich über den Besuch.

So zieht der Rosensonntagszug am Düsseldorfer Rathaus vorbei
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So zieht der Rosensonntagszug am Düsseldorfer Rathaus vorbei

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Foto: Ina Schwerdtfeger

Auch die Herzdamen mischen sich unters Volk, rufen laut "Kamelleeeeee" und bewundern die Wagen. Kulinarisch ist die Entscheidung schnell gefallen: Alt geht gar nicht, das Wurfmaterial hingegen schmeckt besser als in Köln. Sogar eine Schoko-Creme-Schnitte ist dabei. Ihr Fazit am Ende des Tages: "Der Düsseldorfer Zug ist nicht so voll wie der Kölner. Als Zuschauer ist das super, weil man nah rankommt und viel Kamelle fangen kann. Außerdem haben viele Wagen eine schärfere politische Aussage."

Für Begeisterung bei Prinz Hanno sorgt eine jecke Gruppe aus Hessen: Denn seit Jahren sind er und sein Jugendfreund Robert Neumann aus Ober-Mörlen, irgendwo in der Nähe von Frankfurt, an Rosenmontagen eigentlich immer getrennt. Die Chance, endlich mal gemeinsam zu feiern, wollten sich die Freunde auf keinen Fall nehmen lassen. "Wir haben extra einen Bus gechartert, um hierherzukommen", sagt Neumann, der mit 49 Jecken angereist ist. Beim Städtevergleich punkte Düsseldorf vor allem mit der Promi-Dichte, sagt Neumann: "Wir haben Sophia Wollersheim gesehen und sogar ein Selfie mit Dschungel-Queen Melanie Müller gemacht!"

Rosenmontagszug 2016 in Düsseldorf: Rosensonntagszug am Rathaus
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Rosensonntagszug 2016 zieht am Rathaus vorbei

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Foto: dpa, mjh fdt

Die wohl weiteste Anreise hatte ein noch relativ junger Verein aus Köln. Seine Prinzenproklamation fand vergangene Woche in Dubai statt. Der 2013 gegründete Verein ist ein Zusammenschluss von Jecken aus Dubai und Köln, die das Brauchtum auch im Wüstenstaat pflegen. Deshalb haben sich die Karnevalisten nach einer abgeänderten Liedzeile eines Höhner-Hits "Do simmer Dubai" benannt. Auch wenn die Jecken Alaaf statt Helau rufen, werden die Gäste aus Köln herzlich aufgenommen. "Helaaf ist ein gutes Motto der Völkerverständigung", erklärt Lukas Wachten, Präsident des Vereins, der Oberbürgermeister Thomas Geisel einen Orden mit Kamellogo überreichte.

Einen Kindheitstraum, wenn auch erst im zweiten Anlauf, erfüllt sich Anette Hempel aus Zwickau: Nachdem die 54-Jährige am 8. Februar unverrichteter Dinge heimfahren musste, geht es gestern für sie zum ersten Mal hoch auf einen Karnevalswagen: "Darauf habe ich so lange gewartet!", sagt sie und lacht. Das Amazonenkorps hatte von ihrem Traum gehört und sie kurzerhand eingeladen, mit auf dem Wagen zu fahren. Ein unvergesslicher Moment für Hempel, die in der DDR immer heimlich im Westfernsehen die Karnevals-Übertragungen angesehen hatte.

Die KG Ponyhof hat die Heimreise dann übrigens mit Bussen angetreten - eine Rheinfahrt flussaufwärts bis Köln dauert fünf Stunden.

(RP)
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