Düsseldorf Reserve krönt Psychiater zum König

Düsseldorf · Klingt schon merkwürdig, wenn da ein Mann mit Zopf im Nacken vor einem sitzt und ernsthaft darüber spricht, wie es ist, Waldkönig zu sein. Säße er am Nebentisch, sagt Psychiater Hans-Peter Schroers, dann würde er wahrscheinlich schmunzeln. Er sitzt aber nicht am Nebentisch. Er ist der Waldkönig. Und er hat das Damengeschenk abgeschafft.

 Der Neue kommt aus Mönchengladbach und hat in Viersen seine Praxis für Neurologie und Psychiatrie: Waldkönig Hans-Peter Schroers

Der Neue kommt aus Mönchengladbach und hat in Viersen seine Praxis für Neurologie und Psychiatrie: Waldkönig Hans-Peter Schroers

Foto: Andreas Endermann

Was auch immer Sie nun denken: Es ist wahrscheinlich falsch. Hans-Peter Schroers gehört der Düsseldorfer Schützengesellschaft Reserve von 1858 an, die seit knapp 100 Jahren zum Königschießen in den Wald geht. Und den Sieger dann eben auch so nennt. Der Waldkönig muss dafür, dass er die Platte putzen konnte, beim Krönungsball die Tischdeko organisieren und für die Damen seiner Schützenkameraden eine nette Kleinigkeit besorgen. Letzteres aber findet der Viersener mit der Frisur, die kein Relikt aus seiner Jugend, sondern ein jüngeres Statement in anderer Sache ist, nicht mehr zeitgemäß. Drum hat er den Vorstand überzeugt, dass für die Damen eine Rose reicht (für jede natürlich), und er das Geld spendet, das er sonst für Schnickschnack ausgegeben hätte.

So gibt es morgen also für die Damen nur ein Dankeschön von Hisko, dem Verein "Hilfe im Schwangerschaftskonflikt", den die Reserve schon länger unterstützt. Dieses soziale Engagement für die schwächeren der Gesellschaft, das karitative Element des Schützenwesens habe ihn beeindruckt, sagt Schroers, der vor 13 Jahren in Mönchengladbach zum Brauchtum fand. Und der auf einem der wohl längsten bekannten Umwege von dort nach Düsseldorf kam. Nämlich über Ägypten, genauer: durch die Poolbar eines dortigen Hotels. Da hatte das Ehepaar Schroers die Kerns aus Düsseldorf kennengelernt, und bei späteren Treffen wurde der Arzt auch mit Kerns Reserve-Kameraden bekannt. Und das gefiel ihm. "Die Leute sind alle so entspannt, den meisten geht es gut." Was für Schroers, der als Arbeiterkind mit Jobs auf dem Bau sein Medizinstudium finanzierte, keineswegs selbstverständlich ist. Weil er sich bei zufriedenen Menschen wohlfühlt und ihm auch die Stadt gefällt ("Düsseldorf ist immer wie ein kleiner Urlaub für mich"), hat Schroers sich der Reserve angeschlossen, einer Gesellschaft, die ihn herzlich und offen auf- und eingenommen hat.

Nach nur zweieinhalb Jahren - das ist im Schützenwesen rasant - hat er dieses Jahr den Königsvogel ins Visier genommen. Gefeiert wird aber auch ein Waldkönig in Düsseldorf standesgemäß im Hilton.

(RP)
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