Grüne "Radweg auf der Kaiserstraße wird kommen"

Düsseldorf · Angela Hebeler und Norbert Czerwinski sind die Doppelspitze der Grünen-Fraktion. Sie setzen auf Flüchtlingspolitik, Radverkehr und ruhigere Töne.

 "Wir müssen unsere Erfolge mehr herausstellen": Angela Hebeler und Norbert Czerwinski stehen an der Spitze der Grünen im Rat und sehen sich auch als Moderatoren in der Ampel-Kooperation mit SPD, FDP und einem nicht immer ganz einfachen Oberbürgermeister.

"Wir müssen unsere Erfolge mehr herausstellen": Angela Hebeler und Norbert Czerwinski stehen an der Spitze der Grünen im Rat und sehen sich auch als Moderatoren in der Ampel-Kooperation mit SPD, FDP und einem nicht immer ganz einfachen Oberbürgermeister.

Foto: Andreas Endermann

Frau Hebeler, Herr Czerwinski, wenn Sie in den Ratssaal blicken: In welcher Rolle erleben die Zuschauer die Grünen, seit Sie mitregieren?

Hebeler In einer gestalterischen. Czerwinski Auch moderierend in der Ampel-Kooperation plus Oberbürgermeister.

Wenn Sie sagen gestalterisch. Wo haben Sie denn seit 2014 eine echte Grünen-Duftmarke gesetzt?

Hebeler Im Kooperationsvertrag steht wenig zu Flüchtlingen. Aber in diesem Bereich ist unsere Handschrift klar zu erkennen. Czerwinski Und die Freie Szene in der Kultur hat einen viel höheren Stellenwert.

In der Opposition waren die Grünen die profilierteste Fraktion. In der Kooperation mit SPD und FDP ist Ihr Profil kaum zu erkennen. Warum?

Czerwinski In der Opposition muss man laut sein, um gehört zu werden. In der Regierung geht es ums Gestalten. Das ist eine andere Rolle, und es ist manchmal besser, ruhig zu bleiben. Aber es stimmt, dass wir uns erst an die neue Rolle gewöhnen mussten. Wir sind uns einig, dass wir unserer Erfolge besser herausstellen müssen.

Gehört dazu der neue Radweg auf der Friedrichstraße? Sind Sie den selbst schon mal gefahren?

Czerwinski Natürlich, ich bin auch vorher dort gefahren. Erst mit dem Radstreifen habe ich das Gefühl, als Radfahrer willkommen zu sein.

Finden Sie ihn wirklich gut gemacht?

Czerwinski Es ist noch nicht das Optimum, aber auch nicht der Endzustand. Aus den Erfahrungen jetzt können wir lernen. Wir wollen das Radnetz gut und einladend machen für jene, die schnell unterwegs sind.

Die Anlieger sind aber sehr verärgert, weil es zu Dauerstaus kommt ...

Czerwinski Das verstehe ich nicht. Das Verfahren war offen, es wurde intensiv diskutiert und nicht über deren Köpfe hinweg entschieden.

Fahren Sie auch Rad, Frau Hebeler?

Hebeler Ja, aber nur in der Freizeit und nicht auf der Friedrichstraße.

Verkehrsminister Michael Groschek plädiert für Radwege-Ausbau. Ist die SPD die bessere Radfahrer-Partei?

Czerwinski Herr Groschek hat den Radverkehr in vielen Äußerungen sehr lieb, er muss sich aber daran messen lassen, was er an Geld bereitstellt. Unsere Erwartungen sind da deutlich an ihn gerichtet.

In der Opposition hatten Sie gefordert, ganze Fahrspuren auf der Kaiserstraße und der Berliner Allee dem Radverkehr zuzuschlagen. Was ist daraus geworden?

Czerwinski Wir sind ja nur ein Teil der Stadtregierung. Für die Kaiserstraße läuft der Prüfauftrag. Ich bin überzeugt, dass die Fläche für Autos dort überdimensioniert ist und ein Radweg hinkommen wird. Hebeler Die demografische Entwicklung prognostiziert ohnehin einen Rückgang der Pendler, weil auch die Kommunen im Umland verstärkt um Fachkräfte werben. Für jene, die jetzt zum Arbeiten nach Düsseldorf pendeln, wird es attraktiver, zu arbeiten, wo sie wohnen.

Das könnte zu Fachkräftemangel in Düsseldorf führen, weil vielen hier das Wohnen zu teuer ist. Wie kann die Politik gegensteuern?

Czerwinski Wir können als Kommune nur beschränkt Einfluss auf die steigenden Mieten nehmen. Wir haben aber das Handlungskonzept, die Stadt kann selber bauen lassen. All das haben wir eingeleitet. Die Maßnahmen stimmen, sie wirken aber erst nach fünf bis zehn Jahren.

Sollte die Stadt vor dem Hintergrund überhaupt Grundstücke verkaufen?

Hebeler Wir brauchen ja auch Geld für andere Aufgaben, zum Beispiel Schulbauten. Grundstücke, bei denen wir davon ausgehen, dass wir viel Geld erzielen, sollten wir verkaufen. Parallel wird die Städtische Wohnungsgesellschaft SWD aber auch mehr Wohnungen bauen. Czerwinski Immerhin haben erst wir durchgesetzt, dass der Verkauf von Liegenschaften nicht nur im Wirtschaftsausschuss, sondern auch im Wohnungs- und im Planungsausschuss behandelt wird.

Wohnungen sind auch für Flüchtlinge nötig. Schürt das Konflikte?

Hebeler Der überwiegende Teil der geflüchteten Menschen lebt noch in Wohnmodulen. Die Stadt prüft alle diese Standorte, ob dort auch Baurecht für Wohnhäuser geschaffen werden kann, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Was muss bei der städtischen Flüchtlingspolitik verbessert werden?

Hebeler Laut unserer Flüchtlingsbeauftragten sind wir noch im Krisenmodus, die Unterbringung ist da vorrangig. Es ist aber auch am Runden Tisch Asyl vieles auf den Weg gebracht. Der nächste Schritt ist, die Integration der zu uns Geflüchteten in die Stadtgesellschaft.

Ist das für Kommunen zu schaffen?

Hebeler Selbstverständlich. Die Herausforderung ist, dieser nicht unerheblichen Anzahl von Menschen, alles, was sie zum Leben brauchen, auf einmal zur Verfügung stellen zu müssen. Wir Deutschen sind es aber gewohnt, so etwas nach und nach erledigen zu können. Czerwinski Deutschland tut es gut, mal improvisieren zu müssen.

Bei der Tour de France kam eine Mehrheit im Rat nut mit Stimmen der Rechten zustande. Was haben Sie daraus gelernt?

Czerwinski Dass man eine breitere Absicherung braucht und nicht in eine Abstimmung geht, die so enden kann. Wir haben der SPD und Oberbürgermeister Thomas Geisel klar signalisiert, dass wir das nicht noch mal mitmachen.

Bei der Tour ist die FDP aus der Ampel ausgeschert. Ärgert Sie das?

Czerwinski Jeder Jeck ist anders. Wir nehmen uns auch die Freiheit, bei Themen nicht mitzustimmen.

Bald könnte wieder ein sportliches Großereignis zur Entscheidung stehen. Was halten Sie von einer Bewerbung für Olympia 2028?

Hebeler Ich habe bis vor kurzem in Lörick gewohnt. Die Vorstellung, dass nach den Plänen für die Spiele 2012 das Olympische Dorf rund um den kleinen Yachthafen gebaut worden wäre, ist furchtbar. Czerwinski Und die vielgelobte Zusammenarbeit der Region Rhein-Ruhr bei der damaligen Bewerbung ist nach deren Scheitern implodiert.

Im Ampelvertrag haben Sie auf Bürgerbeteiligung gepocht. Wann kommt der versprochene Bürgerhaushalt?

Czerwinski So etwas muss man gut vorbereiten, sonst führt das zu Enttäuschungen.

Aber warum haben nach zwei Jahren noch nicht einmal die Vorbereitungen dafür begonnen?

Czerwinski Verzögert hat sich das, weil die neue Kämmerin sich auch erst mal einarbeiten musste. Wir haben schließlich noch ein paar Jahre. Und ich möchte, dass sich alle beteiligen, nicht nur diejenigen, die sich immer beteiligen. Hebeler Es hat sich bei Garath 2.0 gezeigt, dass es sehr arbeitsintensiv sein kann, Gruppen heranzuführen, die sich sonst nicht beteiligen. Aber der Aufwand lohnt sich, weil die Akzeptanz höher ist. Es gibt erprobte Formate, die sicherstellen, dass alle Interessen berücksichtigt werden.

Bei den Finanzen stehen Sie an der Seite der FDP und pochen auf Einhaltung der Schuldenbremse. Wird sie überhaupt noch eingehalten?

Hebeler Ja, denn zur kurzfristigen Liquiditätssicherung lässt sie Bankkredite zu.

Und wenn sie nicht zurückgezahlt werden?

Czerwinski Dann haben wir ein Problem.

Wo muss und kann gespart werden?

Czerwinski Gibt es einen Bereich, in dem man nicht sparen könnte? Hebeler Ein Sparkurs muss für alle Bereiche gelten.

Über wen ärgern Sie sich öfter: über die CDU oder über OB Geisel?

Czerwinski Eindeutig über den OB. Die CDU ist nicht so wichtig.

Was ärgert Sie an ihm am meisten?

Hebeler An seiner Sitzungsleitung merkt man, dass er es immer noch nicht hundertprozentig drauf hat, alle mitzunehmen. Czerwinski Der OB ist wahnsinnig aktiv, will an vielen Punkten dabei sein. Auch bei der Kommunikation sind wir noch in einem Lernprozess.

Sie oder er?

Czerwinski Wir alle.

DENISA RICHTERS FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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