Düsseldorf Prozessflut nach dem Unglück dauert bis heute an

Düsseldorf · Als der Flughafen geplant wurde, war Tipp-Ex noch ein elementares Büro-Utensil. Eine kleine Änderung des Bauplans für die Air-France-Lounge mit dieser Korrekturflüssigkeit bedeutete 1996 beim Flughafenbrand den Tod für neun Passagiere. Und sie führte zum einzigen Strafurteil im Zusammenhang mit der Brandkatastrophe. Im Übrigen war die juristische Aufarbeitung des Flughafenbrands über Jahre hinweg geprägt von Pleiten, Pech und Kuriositäten.

Neun Männer sollten sich im Strafprozess für ihre Rolle beim Flughafenbrand verantworten. Die Anklage ging von fahrlässiger Brandstiftung mit Todesfolge aus. Doch nach mehr als 80 Prozesstagen kam man im Herbst 2011 überein, das Verfahren gegen Architekten, Bauleiter, Flughafen-Manager, Handwerker und Feuerwehrleute gegen Geldauflagen zwischen 3000 und 20 000 Euro einzustellen. Man könne, hieß es, noch Jahre verhandeln und Kosten in Millionenhöhe produzieren, ohne dass mehr dabei herauskäme.

Ein erster Prozessanlauf war nach 40 Tagen sogar geplatzt, weil einer der Laienrichter heimlich Alkoholiker war. Nebenbei fiel Brandgutachtern dann noch auf, dass nicht mal das Altstadtgericht, in dem damals verhandelt wurde, die Feuerschutzanforderungen erfüllte.

Als sicher galt nur: Der Großbrand war ausgelöst worden durch illegal eingebaute, brennbare Dämmstoffe in Zwischendecken und glühende Schweißperlen, die darin zum Schwelbrand führten.

Als einziger Beteiligter wurde aber nur der Stadt-Mitarbeiter zur Rechenschaft gezogen, der die Bauabnahme der Air-France-Lounge verantwortete, obwohl eine geplante rauchdichte Tür auf dem Bauplan mit Tipp-Ex getilgt und nicht eingebaut worden war. Der Mitarbeiter wurde zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt - wie gesagt das einzige Strafurteil, das je wegen des Brandes ergangen ist.

Die Höhe der Sachschäden und die Frage danach, wer sie tragen muss, sorgte für eine Flut von Zivilklagen mit einem Gesamtvolumen von geschätzt 50 Millionen Euro. Versicherungen regulierten zunächst alle Schäden der Ladenbesitzer, Fluglinien und Airport-Besucher, holten sich das Geld aber per Klage ganz oder teilweise vom Flughafen zurück.

Vor drei Jahren urteilte ein Zivilgericht, dass der Flughafen auch die demolierten Sicherheitseinrichtungen des Landes NRW ersetzen muss. In welcher Höhe ist unklar. Erst Mitte 2015 hat das Gericht diese Verhandlung ausgesetzt - weil Land und Flughafen nun eine gütlichen Einigung suchen.

(wuk)
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