Düsseldorf Projekt bringt Migrantinnen in den Beruf

Düsseldorf · Die Zukunftswerkstatt bietet Programme für Mütter mit Migrationshintergrund an.

Maryam Azizi (Mitte) absolviert in der Praxis von Kieferorthopäde Albert Al Khatib (rechts) ein Praktikum. Anna Schander (links) unterstützt sie.

Maryam Azizi (Mitte) absolviert in der Praxis von Kieferorthopäde Albert Al Khatib (rechts) ein Praktikum. Anna Schander (links) unterstützt sie.

Foto: Schaller

Modelle schleifen, Gipsabdrücke machen oder das Behandlungsbesteck desinfizieren - für Aufgaben wie diese ist Maryam Azizi seit drei Wochen in der kieferorthopädischen Praxis von Albert Al Khatib verantwortlich. "Eigentlich habe ich Kunstmalerei studiert", sagt die 44-jährige Iranerin, die seit sechs Jahren in Deutschland lebt. "Aber der Job hier macht mir sehr großen Spaß, ich lerne wirklich viel."

Ermöglicht wurde Maryam Azizi das Praktikum durch die Zukunftswerkstatt Düsseldorf. "Stark im Beruf - Mütter mit Migrationshintergrund steigen ein" lautet der Titel des Projekts, das von Annemarie Bottek geleitet wird. "Die Frauen sollen dadurch das Gefühl bekommen, dass sie in unserer Gesellschaft angekommen sind, dass sie hier auch etwas wert sind", so die Pädagogin. Insgesamt 20 Frauen aus Ländern wie dem Iran, Polen, der Türkei, Brasilien und Usbekistan haben bisher an dem Projekt teilgenommen. Voraussetzung dafür ist, dass die Frauen älter als 25 Jahre sind, einen Schulabschluss vorweisen und Deutsch sprechen können.

Das Programm erstreckt sich zunächst über ein halbes Jahr. In den ersten drei Monaten werden den Frauen theoretische Kenntnisse, wie etwa PC- und Bewerbungstraining oder Zeit- und Familienmanagement vermittelt. Dann folgt die Praxisphase. Derzeit sind daran die Zahnärztekammer Nordrhein sowie Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens beteiligt. "Das ist eine große Chance für die Frauen", so Bottek. Schließlich seien einige der Abschlüsse aus dem Heimatland noch nicht einmal einen Hauptschulabschluss wert. "Trotzdem müssen die Frauen bei uns nicht putzen oder Pommes verkaufen", so die Pädagogin.

Auch der Kieferorthopäde Al Khatib ist begeistert von dem Projekt: "Diese Kräfte sind eine Bereicherung für die Praxis und vor allem auch für die Patienten." Denn die Praktikantinnen übernehmen eine wichtige Aufgabe: Sie reinigen und desinfizieren das Behandlungsbesteck und dokumentieren dies elektronisch. "Diese Arbeit erfordert einen enormen Zeitaufwand und muss sehr genau durchgeführt werden", so Al Khatib. "Unsere kieferorthopädischen Helferinnen werden also entlastet und können sich intensiv um die Patienten kümmern." Gerade in Zeiten, in denen es an Fachkräften mangele, seien Projekte wie diese sehr wichtig. "Auch Krankenhäuser könnten diese Kräfte gut gebrauchen," sagt Al Khatib.

Zwar sind die an dem Programm beteiligten Frauen weniger qualifiziert als die über drei Jahre ausgebildeten Helferinnen, doch auch sie erhalten am Ende des halbjährigen Kurses eine Form von Abschluss. "Qualifizierung zur Fachkraft für die Aufbereitung zahnmedizinischer Instrumente", lautet der Titel. Die Bezahlung variiert je nach Praxis oder sozialer Einrichtung. "Die Frauen bekommen auf jeden Fall den Mindestlohn, alles weitere ist Verhandlungssache. Tarife gibt es aber noch keine", sagt Oliver Pistel, Jobcoach in der Zukunftswerkstatt.

"Unser Ziel ist vor allem Kontinuität", sagt Bottek. Die Frauen sollen auch nach Ablauf des sechsmonatigen Programms im Beruf bleiben. "Sie sollen sich auf dem Arbeitsmarkt etablieren und unabhängig vom Jobcenter sein", so die Pädagogin. Im Fall von Maryam Azizi stehen die Chancen gut. "Ich kann mir gut vorstellen, auch nach dem Praktikum weiterhin in der Praxis zu arbeiten", sagt die 44-Jährige. Laut ihres Arbeitgebers Al Khatib steht dem nichts im Weg: "Ich möchte sie übernehmen - hundertprozentig."

Neun der 20 Frauen sind in Zahnarztpraxen untergebracht, die übrigen elf dagegen im Sozial- und Gesundheitsbereich. Einen Abschluss wie den der Fachkraft können die Frauen in diesem Bereich aber noch nicht erlangen. "Hier muss noch eine Lösung gefunden werden, den Müttern eine offizielle Qualifikation zu ermöglichen", sagt Bottek. Vor allem in der Altenpflege werden die Frauen derzeit eingesetzt. Die Zusammenarbeit klappt laut der Pädagogin sehr gut. Gerade bei der Erstellung der Dienstpläne werde sehr familienfreundlich gehandelt - "es geht ja schließlich um Mütter."

(RP)
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