Düsseldorf Flüchtlingsschicksal bewegt im Maxhaus

Düsseldorf · Die Podiumsdiskussion unserer Redaktion zum Thema Flüchtlinge war restlos ausgebucht. Betroffene schilderten ihre Geschichte. Im zweiten Teil ging es dann um die Herausforderung, vor der eine Stadt wie Düsseldorf steht.

 Jahlahan Turay (2.v.l.) schildert ihre Erlebnisse von der Flucht aus Sierra Leone. Ihr hören zu (v.l.): RP-Redakteurin Denisa Richters, Annette Windgasse, Leiterin des Psychosozialen Zentrums, Flüchtling Fady Bulbuli und Stefan Weigel, stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post.

Jahlahan Turay (2.v.l.) schildert ihre Erlebnisse von der Flucht aus Sierra Leone. Ihr hören zu (v.l.): RP-Redakteurin Denisa Richters, Annette Windgasse, Leiterin des Psychosozialen Zentrums, Flüchtling Fady Bulbuli und Stefan Weigel, stellvertretender Chefredakteur der Rheinischen Post.

Foto: Andreas Endermann

Eine Million Flüchtlinge allein in diesem Jahr in Deutschland? Eine abstrakte Zahl. Viel greifbarer wird das Schicksal dieser Menschen, wenn nur einer oder zwei von ihnen ihre Geschichte erzählen wie Mittwochabend bei der Podiumsdiskussion von RP und Maxhaus. Im restlos ausgebuchten Zentrum der katholischen Kirche in der Carlstadt schilderten Jahlahan Turay, 2005 aus dem westafrikanischen Sierra Leone geflohen, und Bulbuli Fady aus Syrien, der vor einigen Wochen nach Düsseldorf kam, ihre Schicksale - und kamen miteinander ins Gespräch.

"Man muss Geduld haben", redete Turay ihrem Gegenüber zu, der nach 40 Tagen noch nicht registriert ist. "Die Menschen hier geben ihr Bestes, um zu helfen." Wie Annette Windgasse, Leiterin des Psychosozialen Zentrums, die auch Turay geholfen hat. "Wenn man alleine vorm Fernseher sitzt und diese Schicksale sieht, fühlt man sich hilflos", sagte sie. Wenn man eine Chance habe zu helfen, sei das anders.

Im zweiten Teil des Abends wandten sich der stellvertretende RP-Chefredakteur Stefan Weigel und RP-Politikredakteurin Denisa Richters den Herausforderungen zu, die der Flüchtlingszustrom für Düsseldorf bedeutet. Stadtdirektor und Sozialdezernent Burkhard Hintzsche sagte, man habe viele Aufgaben übernommen, die man vor einigen Monaten noch nicht auf dem Schirm gehabt habe: "Wir sind eines der Drehkreuze in NRW, nehmen alle zwei Tage bis zu 1000 Flüchtlinge in Empfang."

Zudem habe die Stadt Gebäude für die Landeserstaufnahme zur Verfügung gestellt und die Umbauten übernommen. Die Registrierung der Flüchtlinge müsse schneller laufen, sagte Hintzsche. "Wir zwingen die Flüchtlinge dazu, dass sie mit den Kompetenzen, die sie aus ihren Heimatländern mitbringen, nichts anfangen können." Über Monate könnten sie nicht in Arbeit gebracht werden: "Das ist grundverkehrt."

Die städtische Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Behörden angesichts der Flüchtlingszahlen überfordert seien: "Wenn man sich die Zahlen vor Augen führt, dann muss man sagen: Es ist erschreckend, dass wir das nicht geschafft haben." Es laufe im Moment nicht optimal, räumte Polizeipräsident Norbert Wesseler ein. Man setze bei der Registrierung Beamte ein, die sonst einen anderen Job machten. Das Personal sei begrenzt: "Aber das Interesse des Landes an einer raschen Registrierung ist groß."

Wesseler äußerte sich auch zur Sicherheit in den Unterkünften - besondere Auffälligkeiten gebe es dort nicht. "Wir haben dort Auseinandersetzungen, es gab auch mal eine Schlägerei." Natürlich gebe es unter den Asylbewerbern auch Straftäter - er sehe aber keinerlei bedenkliche Entwicklung. "Und glücklicherweise auch keine rechtsextremistischen Anfeindungen im Umfeld."

Klaus Kehrbusch, Geschäftsführer des Vereins "Flingern mobil", legte dar, wie man den Menschen in dem Moment hilft, in dem sie da sind: "Einfach pragmatisch sein - auch wenn ihre Perspektive nicht klar ist." Mit dem Spielmobil erreiche man Flüchtlingskinder und auch deren Eltern, die oft unkompliziert mitmachten: "Spielen funktioniert ohne Sprache."

Lesen Sie dazu auch die Kurzporträts zu Jahlahan Turay und Fady Bulbuli.

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(RP)
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