Kolumne Die Woche In Düsseldorf Palermo - jetzt eine Familienangelegenheit

Meinung | Düsseldorf · Die Hauptstadt von Sizilien ist die sechste Partnerstadt von Düsseldorf. Warum eigentlich?

Deutsch-italienisches Familienfoto: Padrino Thomas (l., Düsseldorf) und Padrino Leoluca (r., Palermo) besiegeln die Freundschaft ihrer Bezirke.

Deutsch-italienisches Familienfoto: Padrino Thomas (l., Düsseldorf) und Padrino Leoluca (r., Palermo) besiegeln die Freundschaft ihrer Bezirke.

Foto: Andreas Bretz

Reading, Haifa, Warschau, Moskau, Chongqing. Und jetzt Palermo. Wieso geht Düsseldorf eine Städtepartnerschaft mit der Hauptstadt von Sizilien ein? Diese Frage ist so sinnvoll wie Gedanken darüber, warum es beim Italiener nach Vor- und Hauptspeise auch noch Tiramisu sein muss. Es schmeckt halt alles so gut, man genießt die italienischen Momente des Lebens. Genau so verspürt die Stadtspitze einfach Appetit auf diese neuen Amici aus dem Süden.

Die Entscheidung ist aus einer Laune heraus "alla leggera" getroffen worden, quasi aus der Lamäng, wie der Rheinländer sagt. Eben so, wie am Nachmittag nach ein paar Stunden am Strand Ideen für den Abend reifen. Das finden wir: Wunderbar (so heißt übrigens eine berühmte Bar in Taormina, auch Sizilien, aber das nur "con leggerezza" nebenbei erwähnt)!

Es geht nicht um eine tiefergehende politische oder wirtschaftliche Entscheidung, wie sie für die bereits bestehenden Partnerschaften Düsseldorfs genannt werden kann. Es sind keine Gräben zu schließen wie nach dem Zweiten Weltkrieg oder eine Brücke in einen Zukunftsmarkt wie China zu schlagen. Der neue Oberbürgermeister Thomas Geisel möchte mehr Städtepartnerschaften, und Palermo macht halt Spaß, ist so etwas wie ein Museumsbesuch, uraltes Europa, Schmelztiegel (Griechen, Römer, Araber: Alle waren da!) und nebenbei Familiensache, was ja bei Italienern besonders zählt. Geisel, der sich mit Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando bestens versteht, macht nämlich mit seiner Familie gerne Urlaub in Sizilien, was man absolut nachvollziehen kann. Und Miriam Koch, die Flüchtlingsbeauftragte der Stadt, war auch schon öfter da. Ihr Lebensgefährte, der Künstler Michael Kortländer (ehemals Meisterschüler der Kunstakademie), noch öfter. Er ist Vorsitzender des Vereins Düsseldorf-Palermo, und dieser Verein soll nun die zarten kulturellen Bande enger knüpfen. Steht alles im Partnerschaftsvertrag. Eine Halle in Palermo ist mit Düsseldorfer Themen zu bespielen, Künstleraustausch vereinbart, die Kreativwirtschaft soll vorbeischauen - und natürlich geht es auch um Flüchtlingsarbeit. Mamma mia, wie sich alles fügt!

Palermo ist am Donnerstag im Stadtrat für Düsseldorf deswegen das Angebot gewesen, das man nicht ablehnen kann. Ziemlich schwarzgallig hat die vielfach gegen Geisel meckernde "schwefelgelbe Hexe" von der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zwar schon vor Monaten erklärt, sie fahre gerne nach Griechenland und hätte auch die ein oder andere Städtepartnerschaft beizusteuern. Dass sie für solche Schmähreden von den roten Teufeln der SPD nicht in einem der 200 Krater des Ätna gegrillt wird, hat nur damit zu tun, dass sie und ihre liberalen Freunde im Stadtrat die Hand für die Palermo-Connection gehoben haben (Ärger gab's an anderer Stelle ja genug).

Bis auf eine Ausnahme machten auch die Christdemokraten mit, schließlich hat ihr Ratsherr Giuseppe Saitta Geisel zu Palermos Stadtoberhaupt Leoluca Orlando begleitet. Das war für ihn Ehrensache, Saitta ist nämlich - richtig: Sizilianer.

Freunde beeinflussen einander, und so wird Düsseldorf jetzt also italienischer. Noch italienischer, ist korrekterweise zu sagen. Die Beweise: Handlanger von Friedrich II., der im Dom von Palermo begraben liegt, belagerten einst die Kaiserpfalz von Kaiserswerth! Düsseldorf hat in Gerresheim ein Little Italy, in der Stadt gibt es unzählige Pizzerien. In beiden Städten residieren bedeutende Marionettentheater. Die Toten Hosen sangen "Azzuro" und Wim Wenders drehte mit Campino den Film "Palermo Shooting". Es gab auch mal ein italienisches Fest vor dem Rathaus, das war unter OB Erwin, den Geisel ja wie einen politischen Ziehvater verehrt. Womit wir wieder bei der Familiensache wären.

So stellt sich am Ende heraus, dass, wenn man die Sache ein wenig lebenskünstlerisch angeht, die Städtehochzeit geradezu zwingend ist. Palermo passt, wenn man den Müllgestank im Sommer, die Hitler-/Mussolini-Aschenbecher auf dem Trödel und die immer noch sehr aktive Cosa Nostra beiseite lässt, hervorragend zu Düsseldorf. Sicher, die Partnerschaft kostet auch ein paar Euro, aber die EU soll Fördergelder geben (steht auch im Vertrag). Solche abzuschöpfen, ist geradezu eine sizilianische Spezialität. Kenntnisse, von denen Düsseldorf bei der Bewältigung seiner Finanzprobleme nur profitieren kann. Den Umgang mit den öffentlichen Geldern übt die Stadt ja jetzt ohnehin neu ein - alla leggera: Erst 40 Millionen Euro Kredit, jetzt 90 Millionen, das nächste Finanzloch ist auch schon in Sicht. Mamma mia, na und? Im Sommer gehen wir wieder an unsern rhein'schen Strand und machen Dolce Vita.

(RP)
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