John Cloppenburg P&C warnt vor Verbot der Verkaufssonntage

Düsseldorf · Die scheue Unternehmerfamilie äußert sich im Gespräch mit unserer Redaktion erstmals öffentlich über die Internetstrategie, Düsseldorf als Heimat und Konkurrent Breuninger.

 John Cloppenburg bei dem Gespräch im Sitz von Peek & Cloppenburg an der Goltsteinstraße.

John Cloppenburg bei dem Gespräch im Sitz von Peek & Cloppenburg an der Goltsteinstraße.

Foto: Andreas Endermann

Alle reden davon, dass der Internethandel den stationären Handel bedroht und die Innenstädte aussterben lässt. Wie beurteilen Sie das?

John Cloppenburg Der Prozentsatz jener Menschen, die im Internet kaufen, steigt beständig. Wir sind da erst recht spät eingestiegen. Alles Jammern hilft nichts, der Kunde ist König und entscheidet ganz allein, wie er einkauft. Man muss ihm beide Möglichkeiten an die Hand geben. Gleichzeitig muss der stationäre Handel für ihn attraktiv bleiben.

Alle reden vom Einkaufserlebnis. Das geht doch beim Online-Handel flöten?

Cloppenburg Das stimmt nicht ganz. Viele Freunde von mir berichten davon, dass es ein Erlebnis wie Weihnachten ist, wenn ein paar Tage nach der Internetbestellung das verschlossene Päckchen zum Auspacken vor der Tür steht. Ich selbst teile das nicht. Mir wären die Retouren und das aufwendige Wieder-Einpacken und Verschicken, falls die Ware nicht passt, viel zu lästig. Wenn ich wirklich mal etwas im Internet kaufe, dann bestelle ich nur Sachen, bei denen ich weiß, dass sie mir auf jeden Fall passen.

Wie stellt sich Peek & Cloppenburg auf dieses Kundenverhalten ein?

Cloppenburg Zunächst: Wir werden ganz bestimmt kein reines Versandhaus. Sicher muss man als Mode-Einzelhändler aber beide Kanäle - stationär und online - für den Kunden bereithalten. Keine Frage beschäftigt unsere Branche derzeit so sehr wie die des Umgangs mit dem Internethandel. Interessant ist, dass die großen Händler im Netz nun auch den umgekehrten Weg gehen. So hat etwa Amazon in Seattle einen ersten stationären Lebensmitteleinzelhandel eröffnet. Das kann man als Beispiel dafür deuten, dass beide Vertriebswege nebeneinander eine Berechtigung haben.

Wo sehen Sie die zukünftigen stationären Modeläden?

Cloppenburg Ich denke, die Modegeschäfte werden sich immer mehr an den florierenden Showrooms orientieren. Händler sprechen vom Showrooming, das beschreibt das Verhalten von potenziellen Konsumenten, favorisierte Waren im stationären Handel praktisch zu prüfen, um diese im Anschluss online zu beziehen. Durch das zielgerichtete Konsumentenverhalten werden zur Kaufvorbereitung sowohl Beratungsleistungen unentgeltlich in Anspruch genommen als auch lokale Einzelhandelsflächen als bloßer Ausstellungsraum für den Online-Handel genutzt. Darunter leiden besonders Elektronikanbieter sowie Händler mit einem vielerorts erwerbbaren Sortiment. Händler, die hauptsächlich eigene Marken vertreiben, sind deutlich weniger betroffen.

Wird durch dieses Verhalten ein Aussterben der Innenstädte eintreten?

Cloppenburg Das fürchten viele. Auf jeden Fall sind auch die Stadtplaner gefragt. Unser Stammsitz Düsseldorf hat ja vorbildlich gezeigt, dass so etwas gut gelingen kann. Man spürt in der NRW-Landeshauptstadt, dass viel gemacht wurde. Denken Sie etwa an den Medienhafen. Und natürlich den Rheinufertunnel. Früher war da eine Schnellstraße, die Altstadt war vom Rhein abgeschnitten. Ich lebe selbst mit meiner Familie in der Carlstadt und bin ein unmittelbarer Profiteur davon, abends direkt vor meiner Haustür am großen Strom spazieren gehen zu können.

Wie beurteilen Sie die aktuelleren Entwicklungen in der Düsseldorfer Innenstadt? Also etwa den Abriss des Tausendfüßlers.

Cloppenburg Wer länger nicht in Düsseldorf war, der erkennt die Innenstadt ja kaum wieder. Das meine ich im absolut positiven Sinne. Der teilweise umstrittene Abriss des Tausendfüßlers war die vollkommen richtige Entscheidung. Wir mit unserem Kaufhaus in unmittelbarer Nachbarschaft sind einer der größten Profiteure.

Wurde durch den Bau von Kö-Bogen I und bald II die Königsallee verlängert oder wurde sie eher verschoben?

Cloppenburg Grundsätzlich wurde sie wohl eher verlängert. Auch davon sind wir Profiteure. Wir sind uns durchaus bewusst, dass die Lage unseres Hauses an der Berliner Allee Nummer 1 durch diese Verlängerung enorm gewonnen hat. Das freut uns besonders, weil wir ja auch Eigentümer der Immobilie sind. Die Achse zur Schadowstraße ist heute die entscheidende. Sicherlich ist die Kö dadurch in ihrem südlichen Bereich schwächer geworden. Das heißt aber nicht, dass sie dadurch ausgestorben ist und auch nicht, dass das in naher Zukunft geschieht. Übrigens nutzt diese Verschiebung der Passantenfrequenzen auch unserem Herrenladen Anson's in den Schadow Arkaden.

Leiden Sie denn nicht wie viele andere unter den Baustellen auf der Schadowstraße?

Cloppenburg Sicher, aber das Ende ist ja absehbar. Und wer bald kommt, wird es wunderbar finden. Durch den U-Bahn-Bau gab es ja wahnsinnig viele Umleitungen. Die meisten sind weg, die wenigen an der Schadowstraße bald auch. Der Bereich wird dadurch gewinnen.

Sie haben 68 P&C- sowie 20 Anson's-Häuser in Deutschland. Wo ist P&C heute zuhause?

Cloppenburg Also wenn eine Stadt für Peek & Cloppenburg Heimat ist, dann Düsseldorf am Rhein. Was viele nicht wissen, wir haben rund 2000 Mitarbeiter in Düsseldorf. 500 in den Häusern, weitere 1500 in der Zentrale. Unser Team ist in der Stadt engagiert, auch wenn ich noch kein Mitglied in einem Karnevalsverein bin (lacht).

Berlin gilt als die größere Modemetropole. Erwägen Sie je den Umzug?

Cloppenburg Meine Großmutter stammt aus Berlin. Und als die Wiedervereinigung kam, glaube ich, hatte sie die Hoffnung, dass wir das tun. Das ist aber kein Thema. Düsseldorf ist unser Zuhause. Wir profitieren als Unternehmen von den kurzen Wegen, insbesondere auch von dem sehr schnell erreichbaren innenstadtnahen Flughafen. Berlin hat sicherlich Weltstadtcharakter. Viel Mode wird dort gezeigt, gehandelt wird sie aber immer noch in Düsseldorf, zunehmend auch in München.

Wie hat sich Ihr Store in Düsseldorf verändert?

Cloppenburg Wir haben erst in der letzten Zeit einige Millionen Euro in den Umbau investiert und heute mehr Shop-in-Shop-Angebote. Die junge Welt wurde neu strukturiert, der Premiumbereich erhielt mehr Fläche.

Wie geht es weiter?

Cloppenburg Der nächste Schritt ist, mehr Marken zu gewinnen. Der Anteil der Eigenmarken macht ein Drittel aus. Vielen Kunden kommt es nicht auf das Label an, solange die Qualität stimmt. Mit der Leistung unserer Eigenmarken versuchen wir so nah wie möglich an das beste Markenangebot heranzukommen, aber das zu einem deutlich günstigeren Preis. Unsere wichtigste Fremdmarke bleibt Hugo Boss, insbesondere bei Herrenanzügen.

Haben Sie die Konkurrenz durch das Nobelkaufhaus Breuninger in unmittelbarer Nähe gespürt?

Cloppenburg. Natürlich haben wir das gespürt, das waren 15.000 Quadratmeter mehr Verkaufsfläche in der Innenstadt. Langfristig ist der Breuninger aber trotz aller Konkurrenz positiv zu betrachten, weil er den Einkaufsstandort Düsseldorf stärkt. Aus dem Raum zwischen Köln und Düsseldorf fahren heute viele Kunden eher nach Düsseldorf, die früher lieber nach Köln gefahren sind. Im Übrigen bringt auch Primark in der Nachbarschaft einen Gewinn. Das ist ein komplementäres Angebot auch für unsere Kunden. Primark ist eine sexy Marke, aber ein vollkommen anderes Konzept. Bei uns geht es nicht nur über den Preis. Der Kunde muss entscheiden, was er wo kaufen möchte.

Wie sehen Sie den Kampf der Gewerkschaft Verdi mit seinen Klagen gegen die verkaufsoffenen Sonntage?

Cloppenburg Mit Sorge, der Kunde liebt die Bequemlichkeit, das lange Shoppen an einem freien Tag. Man sagt ja auch, Wasser sucht sich seinen Weg. Mit einem Verbot der verkaufsoffenen Sonntage drängen wir die Kunden etwa ins Outlet nach Roermond oder zum Kauf im Internet. Dort findet viel im Ausland statt, wo es kein Sonntagsarbeitsverbot gibt. In unserem Hause beruhen die Sonntagsdienste überwiegend auf Freiwilligkeit. Viele Mitarbeiter schätzen die attraktiven Zuschläge.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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