William zu Gast beim NRW-Tag Ein Prinz ohne Berührungsängste

Düsseldorf · Vor 1300 Gästen in der Düsseldorfer Tonhalle betont Prinz William die enge Partnerschaft mit NRW - auch nach dem Brexit.

Fotos: Prinz William in Düsseldorf - 70 Jahre NRW
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Prinz William zu Gast in Düsseldorf

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Es ist 17.35 Uhr als die Militärparade vorbei ist und sich Prinz William mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auf die Menschenmenge zubewegt. Zu diesem Zeitpunkt warten die meisten Besucher bereits seit drei Stunden in der prallen Sonne in einer abgetrennten Zone im Düsseldorfer Ehrenhof, und viele von ihnen hätten nicht damit gerechnet, dass der Herzog von Cambridge sich tatsächlich die Zeit nimmt, um Hände zu schütteln und ein paar Worte zu wechseln. Er lobt, was für ein schöner Sommertag es sei und erkundigt sich, woher die Menschen angereist sind. Die Umstehenden schwenken Fähnchen mit dem Union Jack und rufen laut seinen Namen. Ihm werden Geschenke gereicht, für die er sich herzlich bedankt - darunter Senf aus Düsseldorf, deutsche Schokolade und zwei Lebkuchenherzen mit den Namen seiner Kinder George und Charlotte.

Straffes Programm

Ob die selbstgebacken seien und wie "Gingerbread" schmecken würden, will der britische Royal wissen. Nein, aber sie seien sicher trotzdem lecker, sagt die Frau, die ihm die Herzen überreicht hat. Dann geht er weiter, schüttelt noch ein paar Hände, sagt, wie sehr er sich freut, Bürger aus NRW zu treffen, und winkt zum Abschied kurz - bevor er mit Kraft im NRW-Forum verschwindet.

70 Jahre NRW: Promis beim Festakt in der Tonhalle
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70 Jahre NRW: Promis beim Festakt in der Tonhalle

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Das Programm beim ersten Staatsbesuch des Prinzen in NRW ist eng getaktet. Um 16 Uhr landet der 34-Jährige mit einer Maschine der Royal Air Force am Düsseldorfer Flughafen. Begleitet von Streifenwagen und Motorradpolizisten sowie eigenen Sicherheitsleuten fährt er mit einer dunklen Limousine am Ehrenhof vor. Dort begrüßt ihn die Ministerpräsidentin und begleitet ihn, wie es das Protokoll vorsieht, links neben ihm gehend zu den Plätzen vor dem NRW-Forum, das weiträumig abgesperrt ist. Die traditionsreiche "Band of the Grenadier Guards" aus London, die es bereits seit 325 Jahren gibt, spielt Marschmusik. Dazu zieht eine Parade aus 30 Soldaten der "20th Armoured Infantry Brigade" aus Paderborn und einige Offizieren, die die Truppenflagge mit dem Emblem der Eisernen Faust tragen, durch den Ehrenhof. "Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt", musiziert die Kapelle, während Prinz William gemeinsam mit Kraft die Reihen der britischen Soldaten abschreitet. Sie begrüßen jeden einzelnen. Der Prinz trägt einen dunklen Anzug mit hellblauer Krawatte, keine Uniform, dafür aber zwei Orden an der Brusttasche: "The Queen's Golden Jubilee Medal" und "The Queen's Diamond Jubilee Medal". Die Soldaten der Kapelle schwitzen unter ihren wuchtigen schwarzen Bärenfellmützen.

Mit der höchsten Auszeichnung für einen militärischen Verbund aus dem Ausland ehrt Hannelore Kraft kurz darauf das erste Bataillon der Panzerbrigade. Das "Princess of Wales Regiment" ist nach Williams Mutter Diana, die 1997 bei einem Autounfall ums Leben kam, benannt. Das dürfte bei dem britischen Royal einige Erinnerungen ausgelöst haben. Das Fahnenband des Landes, das Kraft an ihre Truppenflagge steckt, wird erst zum zweiten Mal in der Geschichte an britische Soldaten verliehen. Die Brigade ist seit 1951 in NRW stationiert und wird laut Kraft bis 2019 das Land verlassen.

Fotos: Prinz William beim Festakt in der Tonhalle Düsseldorf zu 70 Jahre NRW
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Prinz William beim Festakt in der Tonhalle Düsseldorf

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In ihrer Rede betont Kraft, dass die britischen Soldaten in NRW vor allem in den Zeiten des Kalten Krieges wesentlich dazu beigetragen hätten, dass in Europa Frieden herrschte. Dass nur eine geringe Zahl von britischen Soldaten bei der Zeremonie anwesend ist, liegt daran, dass rund zwei Drittel derzeit in Kanada Kampfübungen trainieren, weil sie ab 2017 als schnelle Eingreiftruppe der Nato agieren werden, erklärt ein Sprecher der Britischen Streitkräfte. Deshalb ist momentan nur eine Ehrenwache in Paderborn stationiert. Die Soldaten sind zwischen 18 und etwa 30 Jahren alt. Die Einheit sei vorbildlich in das gesellschaftliche Leben vor Ort eingebunden und trainiere auch zusammen mit deutschen Streitkräften, sagt Kraft.

Während die Ehrengäste bereits an der Tonhalle vorfahren, trifft der britischen Royal die Angehörigen der British Army und ihre Familien im Café des NRW-Forums. Für die Soldaten ein ganz besonderer Moment, wie Captain Rick Newman erzählt, der William zuvor noch nie getroffen hat.

Am Eingang der Tonhalle ist ein roter Teppich ausgerollt. Die Blumenkübel sind mit Bändern in den Landesfarben geschmückt. Die Guards haben sich dort formiert und spielen verschiedene Melodien, darunter auch "Goldfinger" aus dem gleichnamigen James-Bond-Film.

Ab 17.45 Uhr treffen die ersten prominenten Gäste ein, darunter die Ex-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) und Peer Steinbrück, ebenso wie die Ex-SPD-Vorsitzenden Kurt Beck und Franz Müntefering und der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki.

Etwa eine halbe Stunde später treffen Prinz William, Landtagspräsidentin Carina Gödecke und Hannelore Kraft ein. Sie ziehen sich zu Gesprächen in die Tonhalle zurück.

Als Kanzlerin Angela Merkel um 18.28 Uhr ankommt, wird sie unter anderem von William, Gödecke und Kraft draußen begrüßt. Insgesamt müssen 1300 Gäste aus Politik und Wirtschaft nach und nach ihre Plätze einnehmen. Auch 41 "normale" Bürger aus ganz NRW, die am 23. August einen runden Geburtstag feiern, sind zum Festakt eingeladen. Das Orchester spielt "Happy Birthday" nicht nur für das Land, sondern auch für diejenigen, die an diesem Tag Geburtstag haben. Wie ein Mann aus Westfalen. Der wünscht sich, dass in NRW die Olympischen Spiele stattfinden. Dafür gibt es kräftigen Applaus.

Der Prinz erinnert an 1946

Angela Merkel sitzt in der ersten Emporenreihe neben Kraft, Prinz William, Gödecke und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Die Kanzlerin nennt die Zwangsheirat durch die Briten einen "Glücksgriff". Die Entwicklung Nordrhein-Westfalen sei prägend für Deutschland und erinnert an einen Satz des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, der das Geschick der Zukunft des gesamten Landes in dem jungen Bundesland NRW verortete.

In seiner Rede erinnert Prinz William an die "operation marriage" 1946, also an die von den Briten verfügte Zusammenlegung der Nordrheinprovinz mit Westfalen. "Was vor 70 Jahren als Abhängigkeit begann, hat sich zu einer wahren Freundschaft entwickelt." So hätten sich enge Beziehungen im kulturellen, wirtschaftlichen und sportlichen Bereich entwickelt. NRW sei der engste Wirtschaftspartner Englands, ein "Wirtschaftskraftwerk". Die guten Beziehungen würden auch nach dem Ausstieg aus der EU "unverändert bestehen bleiben", betonte William. Und die Briten würden weiter für Wohlstand und Sicherheit in der Welt kämpfen. William: "NRW und Großbritannien werden auch nach dem Brexit enge Partner bleiben."

(RP)
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