Düsseldorf Nikolaus besucht Flüchtlingskinder

Düsseldorf · Kinder an der Blankertzstraße bereiteten Nikolaus einen stürmischen Empfang. Aktion wurde ausgelöst durch Streit.

Als Kind dem Nikolaus zu begegnen, ist eine aufregende Sache. Aber so groß war die Aufregung noch nie wie an diesem Nachmittag. Eigentlich sollte der Nikolaus um halb fünf ganz gemächlich den Kindern in der Blankertzstraße feierlich zwei Schokoladen-Nikoläuse übergeben. Weil diese Begegnung aber etwas Besonderes ist, waren alle schon viel früher da.

Vor den Unterkünften spielen die Kinder draußen. Als dann gegen 16 Uhr Norbert Weinhold als Nikolaus in rot-weißer Kluft und mit Rauschebart durch das Eingangstor gestiefelt kommt, laufen die Kinder los, rennen auf ihn zu, umarmen ihn und rufen "Nikolaus". Weinhold, der seit drei Jahren Kitas und Vereine als Nikolaus besucht, ist sichtlich überrascht. "So etwas habe ich noch nie erlebt", erzählt er später. Natürlich kann niemand jetzt noch eine halbe Stunde warten, und deshalb geht es kurze Zeit später im vorbereiteten Raum der Unterkunft weiter. Jedes Kind bekommt von dem Mann mit dem weißen Bart zwei Schokoladen-Nikoläuse.

Die Geschwister Samir (11), Nadir (12) und Sondos (7) warten brav, bis sie die Geschenke ausgehändigt bekommen. Andere haben Angst, dass sie leer ausgehen, es gibt ein kleines Gedränge. Manche nehmen sich schnell etwas und flitzen damit davon. Ein kleines Mädchen weint. Aber nach kurzer Zeit sind alle versorgt, und es sind noch genügend Nikoläuse übrig für Kinder, die erst später kommen.

Außer dem Wort "Nikolaus" können die beiden Brüder Samir und Nadir, die mit ihrem Vater seit drei Monaten in Düsseldorf sind, schon ein paar Brocken Deutsch. "Ich heiße Nadir", sagt der Älteste und lächelt. Mit Hilfe eines syrischen Übersetzers erzählt er, dass es in seiner Heimat Hama keinen Nikolaus gibt, aber einen Weihnachtsmann, der genauso aussieht wie der deutsche Nikolaus.

Bevor sie die Schokolade auspacken, holt Samir sein Handy heraus, um Bilder von ihrer Heimatstadt zu zeigen, Bilder einer prächtigen Stadt, die bekannt ist für ihre großen alten Wassermühlen. Der Vater der Kinder schaut bedrückt und macht eine Handbewegung, die zeigt, dass dort nichts mehr ist, wie es war. Große Sorgen macht er sich um seine Frau, die im Camp in der Türkei verschwunden ist. Der Übersetzer versichert, darum werde man sich kümmern. Auch der kleinen Tochter Sondos merkt man an, dass sie traurig ist. Aber wenige Minuten später rennt sie mit den anderen Kindern raus und bestürmt wieder den Nikolaus, ruft seinen Namen und wuschelt durch den dicken weißen Webpelz seines Kostüms.

"Das ist so wichtig, dass die Kinder Freude haben", sagt Katharina Kabata. Die Vorsitzende des Integrationsausschusses weiß, wovon sie spricht. Vor 25 Jahren ist sie mit ihrer Familie selbst in einer Flüchtlingsunterkunft angekommen. An die erste Begegnung mit dem Nikolaus würden sich die Kinder noch in 20 Jahren erinnern, meint sie.

Kabata hatte Ende November im Integrationsausschuss vorgeschlagen, in der Erstaufnahme in der Roßstraße 180 Schoko-Nikoläuse zu verteilen und dafür Geld bereit zu stellen. Warum diese Unterkunft und andere nicht, hatte ein Ausschussmitglied zu bedenken gegeben. In dem sich anschließenden Streit zog Kabata ihren Antrag zurück. Über Facebook setzte sich die Debatte fort, die in zahlreiche Spendenangeboten mündete. Davon profitieren nicht nur die Kinder an der Blankertzstraße. Heute besucht Pavle Madzirov, der die Debatte ausgelöst hatte, zusammen mit anderen Bürgern die Unterkunft in der Roßstraße. Ein Ehrenamtler verteilt die gespendeten Schoko-Nikoläuse. Am Sonntag bringt Katharina Kabata dort noch einmal die restlichen Spenden vorbei. Ratsherr Rainer Matheisen kann dem Streit deshalb viel Gutes abgewinnen: "Im Endeffekt ist es doch schön, wenn es einen guten Ausgang nimmt."

(RP)
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