Düsseldorf Nichts für schwache Nerven

Düsseldorf · Die 6. Forensische Nacht im Universitätsklinikum informierte unterhaltsam über die Arbeit von Rechtsmedizin und Kriminalpolizei. Dabei wurden auch Bezüge zur aktuellen Flüchtlingsproblematik geschaffen.

 Dem Publikum wurde auch ein Kunstschuss humorvoll demonstriert.

Dem Publikum wurde auch ein Kunstschuss humorvoll demonstriert.

Foto: Bernd Schaller

Etwas unheimlich war die Stimmung schon: Bei nass-kalter Witterung wurde das Gelände der Uniklinik nur schemenhaft von einem Caspar-David-Friedrich-Mond beleuchtet, Wolken rasten über den Abendhimmel, es herrschte gespenstische Stille. Der Weg zum Hörsaal 13A wurde von Bodenfackeln beleuchtet, das Außengelände des 400 Personen fassenden Hörsaals abgesperrt durch ein gelbes Flatterband. "Crime scene - do not cross" stand darauf.

Bereits zum sechsten Mal gab es am Samstagabend die Benefiz-Veranstaltung der Forensischen Nacht, ausgerichtet durch den Rotary Club Düsseldorf Kaiserpfalz zusammen mit dem Institut für Rechtsmedizin. Annette Bosetti, Ressortleiterin Kultur der Rheinischen Post, moderierte den restlos ausverkauften Abend, an dem Rechtsmediziner sowie Beamte der Kriminalpolizei und des Staatsschutzes über ihre Arbeit berichteten. Unter dem Titel "Mord und Gewalt durch politische Fanatiker" beleuchtete Forensikerin Britta Gahr, Bereichsleiterin der klinischen Rechtsmedizin an der Universitätsklinik, aus heutiger Sicht die Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy im Jahre 1963 - anhand von Spielfilmausschnitten und Fotos der Obduktion. Andreas Fritsch, Erster Kriminalhauptkommissar der Kriminaltechnischen Untersuchung Düsseldorf, erklärte, wie man mit neuester Lasertechnologie nach Gewaltverbrechen Schussrichtungen bestimmen und die Täter anhand von Schmauchspuren überführen kann.

Der Bogen zu aktuellen politischen Ereignissen wurde durch die Lesung eines fiktiven Skriptes zu Beginn des zweiten Teils gespannt. Bosetti las mit Norbert Gattermann, Oberarzt an der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Klinische Immunologie, die Schilderung eines Regimegegners, der nach schweren Folterungen in seinem Heimatland in Deutschland um Asyl bittet. "Hier erfolgt das Aufbrechen des klassischen rechtsmedizinischen Bereiches", erklärte Stefanie Ritz-Timme, Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin und Ideengeberin des Abends. Denn beschäftigte sich die Rechtsmedizin früher nahezu ausschließlich mit der Klärung nicht natürlicher Todesfälle, so übernehme die forensische Medizin aktuell immer häufiger auch die Begutachtung Lebender, etwa um durch die Bewertung von Verletzungen - sichtbar durch Narben oder Knochenbrüche - häusliche Gewalt, Unfallhergänge, Kindesmisshandlung, aber auch Folterverbrechen aufzuklären. Dafür arbeiten an den Ambulanzen der Uniklinik Forensiker mit anderen medizinischen Fachrichtungen Hand in Hand.

Und während Kriminalhauptkommissar Udo Moll gegen Ende des Abends auch die geschichtliche Bedeutung von Folter mit zum Teil bedrückenden Fotos belegte, sorgte er mit seiner Band "So what?" zwischendurch für musikalische Auflockerung. Dass der Abend trotz der jüngsten Anschläge stattfand, war den Veranstaltern ein Anliegen: "Gerade aufgrund der jüngsten Ereignisse dürfen wir uns nicht durch Angst, Wut, Verzweiflung und Ohnmacht leiten lassen", erklärte Ritz-Timme, "sondern müssen uns aktiv einmischen".

(RP)
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