Düsseldorf Neues Nest für Falken in 100 Meter Höhe

Düsseldorf · Durch die vorbereitenden Bauarbeiten für das neue Kraftwerk auf der Lausward fühlten sich die Wanderfalken gestört, brüteten nicht mehr im Nistkasten am Schornstein. Deshalb wurde der Unterschlupf um 50 Meter nach oben versetzt.

Ungewöhnlicher Einsatz für die Fachleute einer Firma für Schornsteinbau: Sie mussten sich als Umzugshelfer bewähren. In luftiger Höhe am Schornstein des Kraftwerks Lausward hatten sie die Aufgabe zu lösen, die Wohnung — sprich Nistkasten — eines Wanderfalkenpaars von 50 Meter Höhe auf 100 Meter Höhe zu hieven. Angeheuert hatten sie Ludwig Amen und Eginhard Rösner, die als Experten des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) seit Jahren für gute Brutbedingungen der Jagdvögel sorgen.

Die sind am Schornstein des Kraftwerks Lausward ideal. Denn dort sind die Wanderfalken ungestört, wenn sie von ihren Jagdausflügen über den Rheinauen zwischen Düsseldorf und Neuss zurückkehren. Bis die Bagger kamen und begannen, das Gelände für den Neubau des Kraftwerks vorzubereiten. Die ausgedienten Gebäude des alten Kraftwerks am Fuß des Schornsteins müssen abgerissen, Gruben für den neuen Kraftwerksblock ausgehoben werden. Der Lärm und die Unruhe vergraulten die Wanderfalken offensichtlich. "Jedenfalls mieden sie den Nistkasten und brüteten nicht mehr", berichtet Rösner.

Er war alarmiert und befürchtete, dass die jahrelangen Bemühungen, Wanderfalken in Düsseldorf anzusiedeln, zunichte gemacht würden. Als die Vogelart in den 1970-er Jahren auszusterben drohte, begann der Nabu mit einem Schutzprogramm, den Wanderfalken wieder anzusiedeln. "Wir bekamen Hilfe von Firmen in Düsseldorf, die auf ihrem Werksgelände Schornsteine für Nistkästen zur Verfügung stellten", berichtet Rösner. Speziell entwickelte Nistkästen von 80 Zentimeter Höhe wurden an Schornsteinen oder an Kirchtürmen angebracht — bei Vodafone, Mercedes, der Rochuskirche und eben auf dem Kraftwerksgelände der Lausward. "Die Unternehmen engagieren sich gerne für den Artenschutz", sagt Rösner.

Vielleicht auch wegen der ungewöhnlichen Eigenschaften des Wanderfalken. Er gilt als der schnellste Vogel der Welt, kann Geschwindigkeiten bis zu 250 km/h erreichen, wenn er andere Vögel in der Luft schlägt. Auch unter Tauben macht er gerne Beute.

Fünf Wanderfalkenpaare haben sich inzwischen in Düsseldorf angesiedelt und den Luftraum unter sich aufgeteilt. "Die Wanderfalken haben ein Jagdrevier von etwa 20 Quadratkilometer und verteidigen es gegen andere Jagdgenossen", berichtet Rösner. Wegen des knappen Platzes in Düsseldorf wäre es schade, wenn Wanderfalken von der Lausward vertrieben und ihr Jagdrevier aufgeben würden.

Bei der Rettungsaktion unterstützen die Stadtwerke den Nabu und erlaubten, den Nistkasten auf die doppelte Höhe des Schornsteins zu hieven. Das war ein hartes Stück Arbeit, berichtet Rösner. Über eine fest verankerte Leiter stiegen die Kletterer auf die erste Plattform in 50 Meter Höhe, lösten den etwa 80 Zentimeter breiten Nistkasten aus der Verankerung. Dann stiegen sie auf 100 Meter Höhe, zogen den Nistkasten mit einer Seilwinde auf die neue Position und verankerten ihn dort sorgfältig.

Die Arbeiten waren dem Wanderfalkenpaar der Lausward offensichtlich auch aufgefallen. Jedenfalls beobachtete Rösner zwei Falken, die den Schornstein umkreisten und Warnschreie ausstießen. Für Rösner ein Zeichen, dass dem Paar der Nistplatz am Schornstein zusagt. Er hofft nun, dass die Falken wieder brüten. Dann hätten die Vogelexperten ein hartes Stück Arbeit vor sich. "Wir werden zum Kasten hochsteigen und die Jungvögel beringen, um ihren Lebenslauf weiterverfolgen zu können", so Rösner.

(RP/ila)
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