Kulturverein in Düsseldorf Neuer Heinrich-Heine-Kreis will keine Frauen aufnehmen

Düsseldorf · Im Heinrich-Heine-Kulturverein in Düsseldorf dürfen nur Männer Mitglied werden. Der neue Vorsitzende René Heinersdorff findet das "aus nostalgischen Gründen" besser so. Die Abstimmung im neuen Verein fiel knapp aus. Frauen finden ihren Ausschluss "komisch".

Die Düsseldorfer Jonges müssen sich alle Jahre wieder dafür rechtfertigen, dass sie ein Männerclub sind. Jetzt gibt es jedoch einen neuen Verein, der ebenfalls nur auf die Herren der Schöpfung setzt: Im "Heinrich Heine Kreis" dürfen Frauen nicht Mitglied werden. Frauenfeindlich soll das aber nicht sein. "Ich glaube, dass wir in ganz Düsseldorf und Umgebung keine einzige Frau finden würden, die sich bei uns wohlfühlt", sagt René Heinersdorff. Der Chef des Theaters an der Kö leitet den neuen Verein. Dieser ist Nachfolger des von Karl-Heinz Theisen ins Leben gerufenen Freundeskreises Heinrich Heine.

Der Kreis war vor 19 Jahren ins Leben gerufen worden und orientierte sich nach eigenen Angaben in seinen Zielen am großen Düsseldorfer Dichter Heinrich Heine. Die Mitglieder setzen sich für Aufklärung, Toleranz und Zivilcourage sowie die kulturellen und wirtschaftlichen Belange der Landeshauptstadt ein. Der Verein unterstützt Projekte gegen Gewalt, Extremismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Antisemitismus.

Heinersdorff selbst findet es gut, dass keine Frauen zugelassen sind. "Das ist nostalgischer, ich mag die alten englischen Herrenclubs." Man wisse ja, wie das ist: Setze man eine Frau an einen Tisch mit sechs Männern, gehe gleich das Balzverhalten los. "Die Atmosphäre ist dann gleich eine andere."

Ist das so? "Immer gleich Balzverhalten?", fragt Silke Laqua nach. Sie ist die Vertreterin der aktuell erkrankten Frauenbeauftragten der Stadt Düsseldorf. "Das ist doch eine Beleidigung aller Männer. Als wären sie immer gleich triebgesteuert. Da wären sie aber arm dran." Susanne von Bassewitz, die sich bei den Frauennetzwerken Twin und Zonta engagiert, stutzt ebenfalls. "Ich finde es spontan etwas komisch, dass beim Thema Kultur Frauen ausgeschlossen werden. Da fragt man sich: Warum?" Die Dinge hätten sich weiterentwickelt, heute gebe es etwa bei Rotary-Clubs Frauen, auch als Vorsitzende. Und bei Zonta - dort setzen sich Frauen in verantwortungsvollen Positionen dafür ein, die Lebenssituation von Frauen im rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflichen Bereich zu verbessern - machen mittlerweile Männer mit. Von Bassewitz ist Vize-Weltvorsitzende und weiß dies genau. "Vielleicht bessert der Heinrich Heine Kreis ja noch nach", denkt sie.

Es ist die Frage, ob es so weit kommt. "Wir hatten eine spannende und emotionale Diskussion", sagt Heinersdorff. Von den mehr als 100 Teilnehmern der Gründungsversammlung wollten gut 40 Prozent Frauen in den Verein aufnehmen. Das sei modern und zeitgemäß, Frauen gehörten einfach dazu, lauteten die Argumente. "Und wenn genug Frauen dabei sind, fällt auch das Balzverhalten weg", findet Susanne von Bassewitz, "die Gruppendynamik entfaltet sich nicht so." Die Mehrheit der Heine-Freunde wollte es anders und folgte damit dem Vermächtnis Theisens. Der hatte ebenfalls nur Männer um sich geschart und den ein oder anderen Witz gerissen, über den mancher nur etwas gequält lachen konnte. Etwa: Man nehme nur Männer in den Kreis auf, die gut aussehende Frauen hätten.

Tatsächlich ist die Geschlechterfrage erst ganz am Ende der Diskussion aufgetaucht. Theisen hatte sich mit seinem Freundeskreis im rechtsfreien Raum bewegt. Als er im November starb, stand man vor der Frage, wie es weitergehen soll. Schnell war klar: ordentlicher, als Verein, der Beiträge erheben und Spendenquittungen ausstellen kann. Und mit Satzung: In der ist auch zu regeln, wer Mitglied werden darf. Zunächst war jede und jeder willkommen, dann tauchte die Formulierung "männlich und mindestens 16" auf. Darauf verständigte man sich. Hilfestellung hat bei der Satzung übrigens Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven geleistet - Theisens Freundeskreis ist aus der Jonges-Tischgemeinschaft Heinrich Heine hervorgegangen. Heinersdorff will den Freundeskreis auch wieder näher an die Jonges bringen und selbst nur ein oder zwei Jahre amtieren.

Und wie hätte Heine das Ganze wohl gefunden? Sabine Brenner-Wilczek, Leiterin des Heine-Instituts, war gestern nicht erreichbar. Sie darf nicht Mitglied werden, aber beim Heine-Kreis Vorträge halten oder besuchen. Ihr Vorgänger Joseph Kruse, der Jahrzehnte das Institut leitete und als Heines Stellvertreter auf Erden gilt, zieht ein wenig die Augenbrauen hoch. Dass Heine die Frauen gerne dabei gesehen hätte, steht für ihn außer Frage. Im neuen Verein geht es unter anderem um "die Förderung internationaler Verbindungen in Kunst, Kultur und Wissenschaft sowie Gesellschaftspolitik und Förderung des Völkerverständigungsgedankens". Da könnten auch Frauen das ein oder andere beitragen.

(ujr)
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