Düsseldorf Mückenplage direkt am Rhein

Düsseldorf · So zahlreich und aggressiv wie in diesem Jahr waren die Insekten schon lange nicht mehr. Anwohner vermuten, dass eine Verbindung mit der Öffnung des Altrheins bestünde. Ursache ist aber vielmehr das Sommerhochwasser.

Gleich an der Terrassentür hängt über einem der Stühle eine Wolljacke. Die zieht Helga Kölzer jeden Abend an, wenn sie in ihren Garten geht, um dort die Blumen zu gießen. "Auch bei 30 Grad", sagt sie. Denn sie möchte nicht noch mehr von den Mücken gestochen werden.

Helga Kölzer wohnt seit 35 Jahren am Benrather Schlossufer in unmittelbarer Nähe des Rheins. Und die Mückenplage sei noch nie so groß wie in diesem Jahr. Wenn sie abends rausginge, käme gleich eine ganze Invasion von Mücken auf sie zu und steche. An den Fenstern und Türen hat sie inzwischen Fliegengitter mit feinsten Maschen montieren lassen. Immer griffbereit hat sie ein ganzes Sortiment von Insektenschutzmitteln.

"Ich kann abends nicht mehr auf der Terrasse sitzen. Von Grillen ist schon lange keine Rede mehr", sagt sie frustriert, und sie kann nicht verstehen, dass nicht groß großzügig gespritzt wird - wie beispielsweise am Oberrhein.

Die Mückenplage hat vor allem Urdenbach betroffen und ist seit Tagen das Gesprächsthema. Arnold Sevenich, Vorsitzender des Allgemeinen Bürgervereins Urdenbach (ABVU), kann selbst ein Lied davon singen. "Und meine Frau erst recht, die hat mindestens 30 Stiche auf einmal abbekommen", sagt er.

Für Sevenichs Stellvertreter, Torsten Winter, steht fest: Das Problem gibt es erst, seit der Altrhein geöffnet wurde "Früher gab es das nicht", sagt er. Winter betreibt das Ausflugslokal Zum Ausleger, direkt am Rhein, unweit der Fähre nach Zons. Er kann nicht verstehen, dass nicht gespritzt wird. Die Urdenbacher seien sauer, sagt er, der viel durchs Dorf geht und fast jeden kennt.

Elke Löpke, Leiterin der Biologischen Station Haus Bürgel und mit verantwortlich für das Altrhein-Projekt, widerspricht Winter. Grund für die Mückenplage sei das Sommerhochwasser. Fast einen Monat habe der Rhein einen dermaßen hohen Wasserstand gehabt wie schon lange nicht mehr. "Als er zurückgegangen ist, ist das Wasser in zahlreichen Mulden geblieben", erklärt die Biologin. Das Wasser habe sich in den Tümpeln schnell erwärmt und sei ein idealer Platz für Mücken, um dort die Larven abzulegen. Das habe nichts mit dem Altrhein-Projekt zu tun. Denn das Gelände zwischen Urdenbach und Garath würden hauptsächlich vom Grundwasser gespeist, und das sei zu kalt für die Mücken. Das gelte auch für das fließende Wasser des Altrheins. Das habe man schon bei der Planung des Projekts bedacht. Elke Löpke betont: "Die Witterungsbedingungen sind in diesem Jahr extrem - vor allem der ergiebige Starkregen." Doch die Chefin von Haus Bürgel stellt ganz eindeutig klar: "Im Landschaftsschutzgebiet der Urdenbacher Kämpe werden keine Mückenbekämpfungsmittel eingesetzt."

Und auch die Stadtverwaltung beabsichtigt nicht, zu sprühen: "Wir haben das noch noch nie gemacht, weil wir der Ansicht sind, dass der Schaden größer ist als der Nutzen", erklärt ein Stadtsprecher.

Vor allem die Gastronomen, die ihre Terrassen direkt am Rhein haben, leiden momentan unter der Mückenplage. Gabriel Schönenborn von der Benrather Rheinterrasse nimmt' s gelassen: "Wir verteilen Insektenspray. Was soll ich sonst machen?", sagt sie,.

Bei der Gaststätte Extratour am Alten Rhein in Udenbach hat sich das Geschäft verlagert. "Die Leute kommen schon um sechs Uhr und gehen früher, meist schon gegen 21 Uhr", sagt Inhaberin Sandra Roth-Reuter. Sie habe zwar jede Menge Mückenspiralen gekauft, verteile Insektenspray an ihre Gäste und schalte schon bei Anbruch der Dämmerung nicht mehr das Licht an. Doch spätestens gegen kurz nach 22 Uhr säße keiner mehr auf der Terrasse, denn dann käme jeden Abend die Mückeninvasion angeflogen.

(RP)
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