Düsseldorf Mit Air Berlin stirbt auch die LTU

Düsseldorf · Die LTU, sie war der Stolz der Düsseldorfer Luftfahrtenthusiasten. Die Nummer eins der deutschen Ferienflieger startete und landete nicht nur am Rhein, sie hatte in Düsseldorf Heimat, Basis, heute würde man vielleicht Drehkreuz sagen.

 Michael G. Meyer leitete früher das Marketing bei LTU.

Michael G. Meyer leitete früher das Marketing bei LTU.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Der Nürnberger Unternehmer Hans Rudolf Wöhrl gab ein formelles Angebot ab. Ziel seiner Offerte sei es, die Air Berlin Gruppe als Ganzes zu erhalten und als unabhängige Airline fortzuführen, teilte sein Unternehmen mit. Ihm gehörte die LTU zu 55 Prozent zwischen 2006 und 2008, bevor diese an die Air Berlin verkauft wurde. Ebenfalls war Wöhrl an der Linie DeutscheBA mehrheitlich beteiligt, die genau wie LTU von der Air Berlin übernommen wurde und heute das gleiche Schicksal teilt.

Wahrscheinlich ist ein Zuschlag für Wöhrl und ein Überleben der Marke Air Berlin nicht. Die ersten Gespräche laufen auf eine Zerschlagung hin. Die Hälfte der Flugzeuge - mehr dürfte das Kartellamt nicht erlauben - geht an die Lufthansa. Den Rest könnten sich die Konkurrenten Tuifly und Easyjet aufteilen, danach sieht es zurzeit aus.

Von 1990 bis 1997 war Jobsi Driessen Chef der LTU.

Von 1990 bis 1997 war Jobsi Driessen Chef der LTU.

Foto: Bauer, dpa Göttert

Die früheren LTU-Mitarbeiter hegen noch heute enge private Kontakte in Düsseldorf. Einmal im Jahr treffen sie sich zu Umtrunk und Gesprächen über die "gute alte Zeit" bei der Düsseldorfer Airline. Am 30. September ist der nächste Treff um 17 Uhr im Hirschchen. Auch eine eigene Facebook-Gruppe existiert. Auf der privaten Homepage www.ltu-flugzeuge.de, die ein Ratinger betreibt, ist der wehmütige Slogan "LTU - gone but not forgotten" zu lesen. Die LTU-Szene lebt, und egal ob ihre Mitglieder noch bei Air Berlin sind oder längst woanders: Sie trauert gerade über das Aus von Air Berlin und damit auch das endgültige Sterben der LTU.

Andrea Dirks arbeitete für Air-Berlin-Gründer Achim Hunold, als dieser noch selbst Manager bei LTU war, danach war sie im Büro von Jobsi Driessen, von 1990 bis 1997 Chef der LTU. Heute ist sie selbstständig als Coach und Trainerin. "Ich rate meinen Kunden: ,Mach nur einen Job, den du mit Herzblut machst.' Und genau das hatte ich für LTU", sagt die Düsseldorferin. Als LTU in Air Berlin aufging, habe sie Tränen vergossen. "Und genau das tue ich jetzt, wenn ich sehe, was mit Air Berlin passiert. Es tut weh, auch wenn ich beruflich damit heute nichts mehr zu tun habe", sagt Dirks.

Ihr früherer Chef Jobsi Driessen ist ebenfalls betroffen. Er will sich nicht wie viele Kommentatoren an dem affekthaften Schimpfen auf Achim Hunold beteiligen. Doch anders als heute die Lufthansa, die warte, bis der Bund wegen Wahlkampf und Sommerferien bei einer in Schieflage geratenen Airline mit 150 Millionen einspringen muss, habe die Air Berlin damals einen zu hohen Preis für LTU bezahlt.

Michael G. Meyer war einst Marketingstratege der LTU. Er sieht die Fehler der Air Berlin in dem vielschichtigen Geschäftsmodell. "Vor der Übernahme der LTU war Air Berlin extrem konkurrenzfähig", sagt Meyer. Eine einheitliche Flotte, ganzjährige Flüge. Das habe nicht zu dem Geschäftsmodell eines Ferienfliegers wie LTU gepasst. "So ein Ferienflieger hat im Sommer zur Reisezeit enorme Erträge und muss im Winter zur Bank gehen, um sich Geld zu leihen", sagt Meyer. Das Zusammenlegen von Billigairline Air Berlin und Ferienflieger LTU sei ein Fehler gewesen. "Besser hätte man daraus zwei oder drei getrennte Töchter gemacht", sagt Meyer heute. Nach der LTU-Übernahme blieb er nur noch kurze Zeit im Hause der neuen Air Berlin.

Von den Mitarbeitern, die vor dem Verkauf 2008 bei LTU waren und die heute noch bei Air Berlin sind, gibt es Hunderte. Viele Bangen um ihre Jobs und wollen verständlicherweise daher nicht ihren Namen in der Zeitung lesen.

Besonders in der Technik am Airport geht die Angst vor einem Jobverlust um. Denn wenn der Großteil der Air Berlin an die Lufthansa geht, könnte es sein, das dieser Düsseldorfer Technikstandort obsolet wird, denn die Lufthansa hat einen eigenen. Dagegen spräche, dass aber auch Easyjet oder Tuifly ihre Flugzeuge warten müssen. Die Frage ist nur, ob das unbedingt in Düsseldorf sein muss. "Ich bin Fluggerätemechaniker und habe erst grade eine Eigentumswohnung hier gekauft. Ich kann nicht einfach nach Frankfurt umziehen, aber ich kann auch nicht einfach zu einer Autowerkstatt wechseln", sagt ein Technik-Mitarbeiter.

Etwas gelassener sehen es die Mitarbeiter im Cockpit. Ihm sei egal, welche Farbe die Nase seines Flugzeuges habe, "Hauptsache ich kann fliegen", sagte gestern ein aktiver Air Berlin-Pilot. Dabei hoffen die Cockpitleute darauf, dass möglichst viel Air-Berlin an die Lufthansa geht. Die größte Sorge war eine Übernahme durch Ryanair. Die irische Billig-Linie zwingt ihre Piloten in eine bedenkliche Scheinselbstständigkeit nach irischem Recht.

(tb.)
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