Serie Düsseldorf Und China Metro plant in China kleine Supermärkte

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Konzern beschäftigt im Reich der Mitte fast 12.000 Menschen und plant weitere Expansionen. Der deutsche Lebensmittelspezialist punktet mit Qualität und hohen Standards. E-Commerce spielt eine große Rolle.

 Jeroen de Groot, Chef der Metro in China, mit einem Verkaufsschlager: Milch aus Deutschland.

Jeroen de Groot, Chef der Metro in China, mit einem Verkaufsschlager: Milch aus Deutschland.

Foto: Uwe-Jens Ruhnau

In Deutschland kennt fast jeder die Metro. So weit ist es in China nicht, wenngleich der Wachstumskurs des Düsseldorfer Konzerns im Reich der Mitte beachtlich ist. Dort kennen 75 Prozent der Menschen das Unternehmen, allerdings nur in den 58 Städten, in denen es aktiv ist. Dort gibt es insgesamt 83 Märkte.

Das Geschäft läuft in China "komplett anders", sagt Jeroen de Groot. Der Niederländer ist ein erfahrener Mann, war in den vergangenen 24 Jahren in neun Ländern eingesetzt, seit 2013 ist er Präsident der Metro Jinjiang Cash & Carry und hat freie Hand bei der Unternehmensentwicklung. Es gibt viele Besonderheiten zu beachten, die sich nicht von Schreibtischen im fernen Europa erkennen und marktgerecht umsetzen lassen. So fällt beim Gang durch den neueren der beiden Metro Cash & Carry-Märkte in Düsseldorfs Partnerstadt Chongqing auf, dass dort sehr viel mit Sonderkonditionen geworben wird. Anders als in Deutschland, wo das Unternehmen sich nicht in erster Linie an den Endverbraucher wendet, kann in China jeder Privatmann im Handumdrehen Metro-Kunde werden. Die Eintrittskarte für den mehr als 5000 Quadratmeter großen Markt bekommt jeder, die Firma wiederum kann dem Kunden im Gegenzug Werbung zusenden. "Der Lebensmittelmarkt ist sehr kompetitiv", sagt de Groot. Wer einen Artikel drei Mal in den Einkaufswagen legt, bekommt beispielsweise fünf Prozent, beim sechsmaligen Griff ins Regal können bis zu 25 Prozent Nachlass drin sein.

 Der zweite Griff in die Kühltheke soll sich im Cash & Carry-Markt lohnen: Dafür gibt es 50 Prozent Abschlag - die Chinesen wollen Nachlässe.

Der zweite Griff in die Kühltheke soll sich im Cash & Carry-Markt lohnen: Dafür gibt es 50 Prozent Abschlag - die Chinesen wollen Nachlässe.

Foto: Ruhnau

Ganz wichtig ist den Kunden die Qualität der Lebensmittel. Seit dem Skandal um Melamin in der Milch, in dessen Folge vor acht Jahren 300.000 Babys erkrankten, herrscht bei den Chinesen großes Misstrauen gegenüber der heimischen Ernährungsindustrie. Die Deutschen bekommen das hierzulande in den Drogeriemärkten mit, wenn Menschen aus Fernost die Regale mit dem Milchpulver für Babys leerkaufen. Die Metro genießt als deutsches Unternehmen Vertrauen, sie tut aber auch vieles, um das Vertrauen zu rechtfertigen und auszubauen.

So verweist de Groot auf die HACCP-Zertifizierung, die man als einziger Player in China für jeden Markt vorweisen könne. Der Standard steht für hohe Qualität und regelmäßige Kontrollen. Rund 400 Firmen und 20.000 Farmer werden vom Unternehmen trainiert, um Qualität und gute Produktionsstandards zu garantieren. Diese Bemühungen dokumentiert den Kunden gegenüber im Geschäft. Es werden Metro-Marken entwickelt und auch eigene Brotsorten produziert, die lokal hergestellt, aber überall den gleichen Namen haben.

 Andere Kultur: Zum Angebot gehören Frösche und Schildkröten.

Andere Kultur: Zum Angebot gehören Frösche und Schildkröten.

Foto: Ruhnau

Der Umsatz der Metro in China liegt heute bei knapp 2,7 Milliarden Euro im Jahr, 12.000 Menschen werden beschäftigt. Jeroen de Groot sucht Chancen und nutzt sie, etwa mit Blick auf den E-Commerce-Boom. Die Chinesen kennen nicht WhatsApp, sie leben mit WeChat, das längst das Schreiben offizieller E-Mails abgelöst hat.

WeChat ist eine unkomplizierte Kommunikationsplattform, auf der Unternehmen Internetseiten einrichten und die massenhaft auch zum Bezahlen genutzt wird. Dabei klickt man auf einen Geldsack, trägt den zu überweisenden Betrag ein, tippt aus der Adressliste den Empfänger hinzu - fertig, die Bestätigung der Buchung kommt per Mail. Angst, dass da etwas schiefgehen könnte, hat offenbar kaum jemand. Im Januar 2015 hat die Metro mit 80.000 WeChat-Nutzern eine Verbindung aufgebaut, heute kommuniziert sie mit drei ihrer vier Millionen chinesischen Kunden bei WeChat und hat dort ein Premium-Programm für sie aufgelegt.

Natürlich gibt es auch einen Online-Shop, aber wer denkt, die Firmenphilosophie laufe auf Kundenferne hinaus, der irrt. So hat die Metro an einem der Freihandelszone Shanghais wichtigsten Online-Einkaufstage des Jahres in China, dem 11. November 2015, zwei Millionen Liter importierter H-Milch für umgerechnet 70 Cent statt 1,10 Euro den Liter verkauft. Ein Rekord, aber de Groot sieht darin eher "einen Inkubator, denn so erreichen wir junge Kunden, die irgendwann vielleicht auch in unser Geschäft kommen". Es gibt einen Lieferdienst, Gastronomen werden von Beratern aufgesucht, und auch das Einkaufen "um die Ecke" soll in Fernost ein Geschäftsmodell werden. In Shanghai befinden sich zwei kleine "My Mart"-Supermärkte im Testbetrieb. Hintergrund: Die Chinesen wollen bei der Fahrt zum Einkaufen nur ungern mehr als 15 Minuten im Auto sitzen. Laut de Groot könnten aus den Testshops bald tausende "My Mart"-Filialen werden. Man gehe Stadt für Stadt vor und suche sich dort jeweils einen Partner. Die Metro in China ist also tatsächlich "komplett anders".

(ujr)
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