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Jugendliche beim Karneval in Düsseldorf "Meine Mutter weiß eh, dass ich rauche"

Düsseldorf · Der Ordnungs- und Servicedienst der Stadt war am Rosenmontag im Großeinsatz. Rund 220 Einsatzkräfte kümmerten sich um den Jugendschutz, die Einhaltung des Glasverbot und gingen gegen Wildpinkler vor.

Dennis Beyer und Vanessa Winkler sprechen eine Gruppe Jugendlicher an. Nur einer ist 18 - Beyer warnt ihn, keine Zigaretten an seine Begleiter abzugeben.

Dennis Beyer und Vanessa Winkler sprechen eine Gruppe Jugendlicher an. Nur einer ist 18 - Beyer warnt ihn, keine Zigaretten an seine Begleiter abzugeben.

Foto: Nicole Lange

So ein Bärenkostüm oder ein Paar Hasenöhrchen mögen ihre Besitzer irgendwie alterslos erscheinen lassen. Und doch hat die Streife des Ordnungs- und Servicedienstes (OSD) auch am Rosenmontag zwischen lauter Kostümierten eine beeindruckende Trefferquote, wenn es darum geht, den Jugendschutz zu überwachen. "Entschuldigung, wie alt sind Sie bitte?", fragt Dienstgruppenleiter Dennis Beyer eine junge Frau, die sich gerade eine Zigarette angezündet hat - und die sofort einräumt, dass sie erst 16 ist. Also: Personalien aufnehmen, die Eltern werden einen Brief nach Hause bekommen, die junge Frau trägt's mit Fassung. "Schönen Tag noch", ruft sie den Einsatzkräften hinterher. Es klingt nicht einmal ironisch.

Mohamed Mchiouer und Vanessa Winkler finden bei einer Kontrolle am Burgplatz kleine Schnapsfläschchen.

Mohamed Mchiouer und Vanessa Winkler finden bei einer Kontrolle am Burgplatz kleine Schnapsfläschchen.

Foto: nic

Mit bis zu 220 Einsatzkräften ist der OSD an den Karnevalstagen in der Altstadt unterwegs - unterstützt von anderen Ordnungsamtsmitarbeitern und einer privaten Sicherheitsfirma. An 16 Zugangsstellen überwacht der OSD das Glasverbot, zudem kontrollieren die Mitarbeiter das Geschehen in der Altstadt. Etwa am Burgplatz, der sich über Jahre als Treffpunkt für Jugendliche etabliert hat. "Dabei ist das so eine zugige Ecke", sagt der stellvertretende Dienstgruppenleiter Mohamed Mchiouer.

 Immer mittendrin: Der OSD kontrolliert größere Gruppen mit mehreren Einsatzkräften, um jede Situation im Griff zu haben.

Immer mittendrin: Der OSD kontrolliert größere Gruppen mit mehreren Einsatzkräften, um jede Situation im Griff zu haben.

Foto: Anne Orthen

Beyer und Mchiouer sind heute mit Vanessa Winkler und einem Auszubildenden unterwegs, alle scannen das Umfeld mit geübtem Blick. Entdecken sie eine Glasflasche oder offensichtlich Minderjährige, die trinken oder rauchen, sind sie schnell bei den Betroffenen, erkundigen sich nach dem Alter, lassen sich Ausweise zeigen.

Gleich am frühen Mittag treffen sie auf eine Gruppe gerade 14 Jahre alter Mädchen, die schon ein halbes Dutzend kleine Spirituosen-Fläschen geleert haben. Als sie den Jugendlichen erklären, dass ihre Eltern benachrichtigt werden, sind zwei Mädchen den Tränen nahe. Sie hätten die Fläschchen geschenkt bekommen, sagen sie. Mchiouer sagt ihnen, warum er und seine Kollegen so darauf achten. "Ihr könnt damit noch gar nicht umgehen - und ihr solltet so etwas in eurem Alter auch nicht trinken, wenn ihr es geschenkt bekommt." Die Mädchen nehmen das Ganze stumm hin, als der OSD weitergeht, zückt die erste ihr Handy. Mchiouer lächelt: "Ist ja nicht verkehrt, wenn man die Eltern vorbereitet, dass was kommt."

Andere Jugendliche sind da gelassener. "Meine Mutter weiß eh, dass ich rauche", sagt eine junge Frau achselzuckend - der Brief nach Hause wird sie weniger schmerzen als die Tatsache, dass die Zigarettenpackung, die der OSD gerade vor ihren Augen vernichtet hat, noch fast voll war. Ein paar junge Männer fordert der OSD auf, aus den Baumkronen am Zugweg zu klettern, in denen sie sich zum Kamellefangen postiert haben. "War so ein cooler Platz", murmelt einer, nachdem er mit einem Satz nach unten gesprungen ist. "Ist zu gefährlich", sagt Beyer. Eine junge Frau leert auf Nachfrage ihren Rucksack und gibt rund zehn Mini-Schnapsflaschen ab, mit denen sie nebenbei gegen das Glasverbot verstoßen hat - und die wie so viele weitere heute gleich im Müll landen. Die kleinen 2cl-Flaschen schaffen es - wohl auch in Manteltaschen und Seitenfächern - noch recht oft durch die Kontrollen, größere Glasbehälter sind in der Verbotszone selten. Mal eine Wodkaflasche hier, ein paar Bierflaschen da, ein Jugendlicher hat mitten auf dem Burgplatz ein Pilsglas in der Hand. Viele kommen inzwischen aber von vorneherein ohne Glasflaschen in die Altstadt.

570 Mal werden Jugendliche an den Karnevalstagen bis gestern (15 Uhr) insgesamt mit Alkohol oder Zigaretten erwischt - fünfmal so oft wie 2017. Das liege an vielen Gruppen aus dem Ruhrgebiet, die besonders an Karnevalssonntag auffielen, so die Stadt.

Wenn die Kontrolle mal nicht glatt läuft, setzen die OSD-Leute auf Geduld. "Ich zeige Ihnen meinen Ausweis gleich, ich muss aber erst noch trinken", sagt ein sichtlich beschwipster junger Mann im Bärenkostüm, setzt die mit einem Mixgetränk gefüllte PET-Flasche wieder an den Mund. Dennis Beyer bittet noch mal, zieht seinem Gegenüber schließlich sanft die Flasche aus der Hand und reicht sie dessen Kumpel. Der andere gibt nach und zückt endlich seinen Ausweis: Er ist tatsächlich 18. Der OSD geht weiter. Ist es in solchen Situationen schwer, gelassen zu bleiben? "Nein, das ist okay", sagt Beyer. "Wenn ich mich aufrege, schaukelt das die Situation nur hoch. Und wir wollen den Jugendlichen ja wirklich nichts."

Immer wieder werfen die OSD-Leute bei ihren Rundgängen auch Blicke in die kleinen Gassen, um Wildpinkler zu ertappen - 120 sind es insgesamt dieses Jahr an den Karnevalstagen. "Da vorne steht jemand Schmiere", sagt Vanessa Winkler und zeigt auf einen, der an der Müller-Schlösser-Gasse offenbar Ausschau hält - und beim Anblick des OSD warnend seinem Kumpel zuruft: "Schneller". Während der Betreffende in diesem Fall davonkommt, steht rund eine Stunde später wieder jemand an der gleichen Stelle und wird auf frischer Tat ertappt. "Sie haben ja recht, aber ich habe keinen Toilettenwagen gefunden", sagt der Mann im FBI-Kostüm. "In eine Kneipe wollte ich auch, die haben mich nicht reingelassen." Das Bußgeld akzeptiert er trotzdem widerwillig: 35 Euro wird ihn die Pinkelpause kosten.

Der OSD geht weiter. Eine Frau mit Fahrrad fragt, ob sie auf diesem Weg wohl noch eine Chance auf ein Durchkommen hat, und bekommt eine Wegbeschreibung. "Und danke für ihren Einsatz", ruft sie den Helfern nach. "Das hören wir auch nicht so oft", sagt Beyer.

(RP)
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