Spielwaren-Fachgeschäft schließt Lütgenau: Aus nach 134 Jahren

Düsseldorf · Das 1876 gegründete Fachgeschäft für Spielwaren war das Paradies für Kinder. Jetzt ist Schluss. Ein Spielwarenfachgeschäft lohnt nicht mehr, sagt Inhaber Cornelius Kolmstetter. Am Montag startet der Ausverkauf.

 Inhaber Cornelius Kolmstetter führt das Traditionshaus an der Graf-Adolf-Straße in dritter Generation seit dem Firmengründer Otto Lütgenau. Nach 134 Jahren ist nun Schluss.

Inhaber Cornelius Kolmstetter führt das Traditionshaus an der Graf-Adolf-Straße in dritter Generation seit dem Firmengründer Otto Lütgenau. Nach 134 Jahren ist nun Schluss.

Foto: RP, Thomas Bußkamp

Das Paradies erstreckt sich über drei Etagen, und es funkelt bunt in allen Regalen. Nur der Teppich ist an einigen Stellen verschlissen und könnte einen neuen Belag vertragen.

Dazu wird es aber nicht mehr kommen. Das 1874 gegründete Spielwarenfachgeschäft Lütgenau an der Graf-Adolf-Straße macht im Juli dicht. Inhaber Cornelius Kolmstetter, der die Traditionsadresse in der dritten Generation führt, sieht heute keine Chance mehr, ein Spielwarenfachgeschäft rentabel zu halten. "Die Wirtschaftskrise, der jahrelange U-Bahnbau und die geringen Margen im Fachhandel für Spielwaren lassen es nicht mehr zu", sagt er.

Spezialisierung funktioniert

Die geringen Margen bestätigt Dirk Schaper vom gleichnamigen Spielwarengeschäft in der Altstadt. Er hat seinen Laden von 200 auf 50 Quadratmeter verkleinert. "Ohne Spezialisierung läuft heute gar nichts mehr", sagt er. Er hat sich auf Spielzeug für Kleinkinder festgelegt. "Das funktioniert", sagt er.

Dem stimmt Willy Fischel, Geschäftsführer des Bundesverbands des Spielwaren-Einzelhandels, zu. Die Sortimentsvielfalt verlange entweder nach größeren Flächen oder im Umkehrschluss müsse man sich als Spezialist erfolgreich aufstellen.

Denn eigentlich gehe es der Spielwarenbranche nicht schlecht, sagt er, konnte sie doch 2009 ein Umsatzplaus von drei bis vier Prozent verbuchen. Auch die Konsumbereitschaft der Verbraucher zeige sich krisenresistent. "Doch nur noch 40 Prozent kaufen beim Fachhandel", ergänzt Fischel. Außerdem wandern heute — nicht zuletzt aufgrund zu hoher Innenstadt-Mieten — Spielwarenstandorte in die Peripherie ab, sagt Fischel. "Und oft gibt es Nachfolge-Probleme"

Das war bei Lütgenau nicht so: "Mein Sohn ist ebenfalls im Spielwarenhandel tätig. Doch auch er sah keine Chance, unser Geschäft dauerhaft weiter zu betreiben", sagt Kolmstetter. So sorge auch der neue Kö-Bogen bald für eine noch stärkere Konzentration des Handels an der oberen Königsallee. Am unteren Ende an der Graf-Adolf-Straße werde es immer ruhiger. Leider, denn er hätte gerne weiter gemacht. Immerhin ist der 60-Jährige seit 40 Jahren an der Spitze eines Familienunternehmens, wie es sie immer weniger gibt.

Im Juli ist Schluss im Stammhaus an der Graf-Adolf-Straße, bereits im April schließen sich die Türen in der Dependance in den Schadow Arkaden. 22 Mitarbeiter, zum Teil als 15-Jährige dort in die Lehre gegangen und bis heute nach 35 Jahren noch immer im Laden beschäftigt, verlieren ihren Arbeitsplatz. "Wir waren hier immer eine große Familie", sagt Kolmstetter.

Der Ausverkauf beginnt Montag. Fast 40 000 Artikel müssen ans Kind gebracht werden. Denn die Kleinen waren jahrzehntelang die treuesten Kunden, die später mit ergrauten Haaren zwischen den Regalen etwas für Kind oder Enkel suchten — oder doch eher für sich selbst.

(RP)
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