Serie So Wohnt Düsseldorf Leben und arbeiten in der alten Schule

Düsseldorf · In einem ehemaligen Speicher aus wilhelminischer Zeit wurden von der Stadt Ateliers eingerichtet. Eine Rarität für die Künstlerszene.

 Die Künstlerin Masami Takenuchi (rechts) und ihre Tochter Kiku zogen ein, als Kiku noch ein Baby war.

Die Künstlerin Masami Takenuchi (rechts) und ihre Tochter Kiku zogen ein, als Kiku noch ein Baby war.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Hier muss die Kunst zuhause sein. Das Haus an der Aachener Straße in Bilk ist schon von weitem ein Hingucker, ein Wandgemälde von der Gruppe "Farbfieber" schmückt die Fassade, auf der eine moderne Variante der Arche Noah durch Meereswellen schaukelt. Diese Wand fungiert gleichzeitig als Wegweiser in einen Innenhof. Dort führt ein altes Schulgebäude in Düsseldorfs Architektur-Vergangenheit, in eine Zeit, als noch ein Kaiser regierte und kleine Mädchen Zöpfe und Schürzchen auf dem Schulweg trugen. In der Gegenwart ist dies ein Ort, an dem sieben Düsseldorfer Künstler arbeiten - und wohnen.

So sahen früher Schulen aus: mit roter Backsteinfassade und großen Fenstern, breiten Treppenhäusern und hohen Räumen. Eindrucksvoll und auch ein bisschen einschüchternd. Irgendwann in den 1990er Jahren beschloss die Stadt eine neue Zukunft für den Prachtbau aus Wilhelminischer Zeit. Damals schlug die Stunde der Kultur: Das "Lernort Studio" bekam ein Domizil, die Clara-Schumann-Musikschule Probenräume. Und ganz oben unterm Dach wurden in dem riesigen ehemaligen Speicher sieben Künstlerateliers ausgebaut.

 Jan Stieding und seine Frau Katja Schlenker mit ihrer Tochter Taya: Sie wohnen und arbeiten seit acht Jahren im größten Atelier der Schule.

Jan Stieding und seine Frau Katja Schlenker mit ihrer Tochter Taya: Sie wohnen und arbeiten seit acht Jahren im größten Atelier der Schule.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

"Das ist wie ein Lottogewinn", sagt der Maler Jan Stieding, der mit seiner Familie im Jahr 2008 in eines der Wohn-Ateliers zog. Hier hat er Platz für seine meist großformatigen Bilder und dank eines Oberlichts "endlich das richtige Licht." Viele Male ist er vorher umgezogen, immer auf der Suche nach einem besseren Raum zum Arbeiten. "Jetzt ist es perfekt", sagt er. Auch weil Wohnen und Arbeiten zum ersten Mal für ihn an einem Ort vereint ist. So können seine drei Kinder - zwischen vier und 14 Jahren - erleben, wie die Kunst ihres Vaters entsteht. "Sie wissen, was ich mache. Das ist doch wichtig."

Das Atelier ist der zentrale Raum dieses 170 Quadratmeter großen Domizils. Hinter einer Tür verborgen beginnt die eigentliche Wohnung mit nur einem riesigen Raum für Küche, Essplatz, Wohn- und Schlafraum und einem Arbeitsplatz für die Frau des Künstlers, der Kunsthistorikerin Katja Schlenker. Auf einer Empore ist Platz für Kinderzimmer und ein Lager des Künstlers. Die alte Holzkonstruktion des Dachstuhls ist erhalten geblieben, wie ein offenes Fachwerk gibt sie den Räumen Struktur - und Behaglichkeit.

 Die ehemalige Schule an der Aachener Straße von außen.

Die ehemalige Schule an der Aachener Straße von außen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Nebenan arbeitet und wohnt die japanische Künstlerin Masami Takenuchi mit ihrer 18-jährigen Tochter Kiku. Auch hier, auf etwas weniger Quadratmetern, steht die Kunst im Mittelpunkt, soeben liegen auf dem Fußboden mehr als 100 kleinformatige Arbeiten, immer wieder Bäume, immer wieder Herzen, vereint in zwei Serien, die ab Ende Mai bei Conzen am Carlsplatz ausgestellt werden. Masami Takenuchi gehörte zu den ersten, die 1998 in die alte Schule zogen. Kiku war damals noch ein Baby, wie etliche andere Künstlerkinder. "Heute hat sich der Kontakt zu denen ein bisschen gelockert, aber früher haben wir alle zusammen im Hof gespielt." Später haben Kiku und die anderen dann während der "Kunstpunkte", der offenen Ateliertage, an die Besucher Limo und selbst gebackenen Kuchen verkauft.

Auch bei Masami Takenuchi beansprucht das Atelier den größten Raum, dahinter ein kleinerer Wohnraum, auf einer Empore der Schlafplatz der Künstlerin, ihre Tochter hat ein kleines eigenes Zimmer. Ihr Fazit: "Wir haben hier ideale Bedingungen." Nicht zuletzt auch wegen der Umgebung. "Früher waren wir eher am Rand der City, jetzt fühlen wir uns durch die neue U-Bahn, durch die Bilker Arkaden mit der Bücherei und dem Schwimmbad mittendrin." Für Abwechslung sorgen auch die Bewohner des Gastateliers, die aus Finnland, Schottland oder wie zurzeit aus Palermo, Düsseldorfs neuer Partnerstadt, kommen. Und die staunen, wie viel Platz eine alte Bilker Schule der Kunst bietet.

(RP)
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