Düsseldorf Wundersame Sphärenklänge im Sinfoniekonzert

Düsseldorf · Eine Glasharmonika ist ein Hybrid aus Döner und Nähmaschine. Das Glas ist zum kegelförmigen Spieß geschichtet, die chromatischen Abstufungen sind an goldenen Bändern zu erkennen. Und wenn Christa Schönfeldinger, eine der Virtuosinnen dieses Instruments, ihre Finger auflegt, bringen ihre Füße über eine Wippe das mattweiße Spielgerät in Rotation. Wenn sie schnell wippt, wird's lauter. Der Klang allerdings, den dieses schon von Mozart eingesetzte Instrument an unsere Ohren trägt, ist jenseitsmäßig. So sphärisch und transparent und voller himmlischer Eintracht, dass man sich nicht wundert, dass der Klänge-Zauberer Jörg Widmann es 2006 zum Protagonisten seines Stücks "Armonica" gemacht hat. Im Sternzeichen mit den Düsseldorfer Symphonikern und Opern-Chef Axel Kober am Pult eröffnet dieses Glitzerstück ein Konzert, das sich harmonischer kaum denken lässt.

Widmann, der Multibegabte unter den Musikern unserer Tage, steuert noch ein weiteres Werk dem Wechselbad dieser fast zweieinhalb Stunden bei: "Elegie für Klarinette und Orchester" bedient sich ähnlich differenzierten Schlagwerks, entwickelt ebenfalls aus einem leisen Ton heraus eine manchmal aufbrausende Klangrede. Bedient sich aber als zusätzlichem Melos der Vierteltöne, die für ungeübte Ohren schnell schief oder verstimmt klingen.

Widmann setzt sie jedoch sparsam ein, immer deutlich und pointiert. Das geht mit dem Anfangston endet in Viertelton-Trillern und zweistimmigem Klarinettenspiel, das sich ins Getümmel des großen Orchesterapparats wirft. Widmann spielt die Solostimme selbst, wie er es auch bei Mozarts Klarinettenkonzert tat, das vor der Pause ein Ausbund an lauterster Musikalität und Konzentration war und so viele wunderbare Momente des Zusammenspiels vereinigte, dass man schwärmen möchte. Kober kann Mozart, auch die "Jupiter-Sinfonie" schwang freudig-ernst zwischen Todesahnung und "Schnurre, Kätzchen". Bravi.

(RP)
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