Düsseldorf Wohltöner an der Hörbarkeitsgrenze

Düsseldorf · Wer Mozart bestellt, muss damit rechnen, dass er Mozart kriegt. So gesehen zeitigt der von Tonhalle und Heinersdorff in Angriff genommene Zyklus mit sämtlichen Klavierkonzerten des Salzburger Tausendsassas einen (in drei Jahren vorübergehenden) Mangel an Tschaikowski, Beethoven oder Rachmaninow in Düsseldorfs guter Konzertstube. Nun, das ist zu verkraften, wenn sich dafür Weltstars wie Rudolf Buchbinder mal wieder blicken lassen. Der war im Jahr seines 70. Geburtstages mit der Staatskapelle Dresden angereist. Deren Chef Christian Thielemann konnte zu Hause bleiben, denn Mozart (und Weber) können die Sachsen auch ohne Dirigent.

Ein wenig wehmütig allerdings wurde einem schon ums Herz, als die Staatskapelle ihren Klang wie Samt und Seide unters Sternengewölbe goss, so weich, warm, silbrig und ganz ohne klebrigen Zuckerguss. Wie muss das erst bei Strauss oder Mahler klingen! Bei Mozarts letztem Klavierkonzert KV 595 jedenfalls braucht es für solche Ästhetik einen Wohltöner wie Buchbinder, um ein bruchloses Ganzes zu erzielen. Der streichelt seinen Steinway geradezu, nimmt verwegen viel Pedal und zaubert ein paar Verzögerungen ins Larghetto, dass man mit der Zunge schnalzen möchte. Später gibt's kecke Triller-Schnüre und ein nachdenkliches Überleiten aus der Rondo-Kadenz ins schnurrige Finale im süßen Streicher-Bett.

Für Carl Maria von Webers Konzertstück in f-Moll rücken weiteres Holz, Trompeten und Posaune ins klassisch reduzierte Orchester, auch das klingt famos zum jetzt deutlich virtuoseren Klavierpart. Buchbinder glänzt, die Staatskapelle ebenso. Nach der Pause noch mal Klavier: Mozarts d-Moll-Konzert KV 466. Die vertrackten Vorschläge gelingen der Cellogruppe exzellent, fast noch natürlicher als Buchbinder selbst. In der Romanze entdeckt die Staatskapelle ein Piano, das sogar an der Hörbarkeitsgrenze vor Emotion vibriert. Das fulminante Allegro assai franst nie aus, mündet nahtlos in kräftigen, langen, begeisterten Beifall.

(RP)
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