Düsseldorf Ach, die Liebe!

Düsseldorf · Auf zwei Personen reduziert: "Werther" erlebt im Jungen Schauspielhaus eine poppige Neuinszenierung. Nicht nur der Jugend gefällt's.

 Im Spiel der Liebe gefangen: Hanna Werth und Philip Schlomm in dem Zweipersonenstück "Werther".

Im Spiel der Liebe gefangen: Hanna Werth und Philip Schlomm in dem Zweipersonenstück "Werther".

Foto: Sebastian Hoppe

"Was ist unserem Herzen die Welt ohne Liebe?" So geht einer von den vielen schönen Sätzen aus dem berühmten Briefroman von Johann Wolfgang von Goethe. Der Wonnemonat kommt gerade recht für solch ein launiges Stück über die Liebe, das einen furchtbar ernsten Ausgang nimmt. "Werther" ist kein verblichener Held, der sich einst im Liebesleid selbst richtete, sondern die Leiden des jungen Herrn Werther durchleben heute noch viele unglücklich Verliebte genauso.

Das Junge Schauspielhaus an der Münsterstraße, allen voran sein Leiter Christof Seeger-Zurmühlen, hat einem Schauspielerprojekt die Bühne bereitgestellt, das zunächst nicht auf dem Spielplan stand. Philip Schlomm, der sich als "Tschick" in die Herzen des Publikums spielte, war es ein Herzensanliegen, den "Werther" in einer ungewöhnlichen Version herauszubringen: auf zwei Hauptpersonen reduziert, auf eine Stunde komprimiert, mit den wohlgeschmiedeten, kostbaren Worten des alten Geheimrates und den theatralischen Mitteln der jungen Generation.

 Unkonventionell: Cameron Carpenter an der Orgel.

Unkonventionell: Cameron Carpenter an der Orgel.

Foto: dpa

Nun also erlebte man die Premiere auf der kleineren Studiobühne, die kein Mobiliar nötig hat. Diese Leerstelle machen die fantastischen Requisiten wett, die die Dialoge anreichern, und natürlich die poppige Musik. Die Regie in diesem experimentellen Stück hat Stefan Herrmann übernommen, der das Exzentrische in den beiden Persönlichkeiten, ihre emotionalen Kurven herauskitzelt - von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt.

Sie umtanzen sich wie in der Walpurgisnacht. Schon als der Zuschauer ankommt, spürt er das Knistern zwischen dieser Lotte, die längst einem anderen Mann vergeben war, und diesem Werther, der ganz schlimm in Liebe erglüht ist. Nicht der Briefroman wird szenisch nachgestellt, sondern wir erleben das unglücklich verliebte Paar in einer Art Rückblick, den Lotte wagt, nachdem das Ende der Geschichte schon vollzogen war. Sie stellt noch einmal Fragen: Ob alles so kommen musste, warum es so kommen musste. Klar wird am Ende, dass es so kommen musste.

Fast jeder kennt die Geschichte: Der unglücklich verliebte Werther hatte sich lange in einem komfortablen Dreiecksverhältnis eingerichtet, von Anbeginn an war Lotte einem anderen versprochen, dann verlobt, dann verheiratet. Werthers Liebe war anfangs noch platonisch, wuchs aber in Zustände von innig empfundener Nähe und körperlichem Begehren. Irgendwann hielt er das nicht mehr aus, und in der Eifersucht verlor er die Kontrolle über sein unglückliches Leben.

Für die Stadien ihrer Liebe, für Nähe und Abgrenzung erfinden die Schauspieler wunderbare Spiele. Hanna Werth zeigt als Lotte dem Liebsten seine Grenzen, das reizt sie körperlich und sprachlich aus. Sie ist neckisch und herrisch, quirlig und abweisend. Eine wunderbar nahe Schauspielerin im abenteuerlichen Verwandlungsmarathon und in schrägen Kostümierungen.

Den Werther gibt Philip Schlomm sensibel und zart, der nur aufmuckt, wenn es nicht mehr zu ertragen ist. Schlomm zeigt eine weitere Seite seines Talents; leider bleibt der Schauspieler nicht in Düsseldorf. Besonders erfrischend ist das Miteinander, das verrückte Spiel. Wenn die zwei einen Keks von einem Mund in den anderen wandern lassen und wieder zurück, dann herrscht helle Freude im Saal.

Das Foto ist übrigens missverständlich: Er schreibt ihr seinen Namen nicht auf die nackte Haut. Aber Werther ist in Lottes Herz so groß geworden, dass sie ihn nie vergessen wird. Eine schöne Geschichte, an der nicht nur das junge Publikum Gefallen fand und applaudierte.

Info Nächste Vorstellungen am 13., 14. und 18. Mai.

(RP)
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