Düsseldorf Vom Hinfallen und Aufrappeln

Düsseldorf · Im Jungen Schauspielhaus feierte "Die Kunst vom Fallen und Fliegen" Premiere. Das Stück erreichte sein Publikum fast ohne Worte.

 Kämpfe, Küsschen, Pause: Valentina Moar und Teresa Zschernig müssen es im neuen Stück am Schauspielhaus miteinander aushalten.

Kämpfe, Küsschen, Pause: Valentina Moar und Teresa Zschernig müssen es im neuen Stück am Schauspielhaus miteinander aushalten.

Foto: Sebastian Hoppe

Durch die kreisrunden Löcher und Schlitze der blauen Wolkenwand bohren sich runzlige Ballons. Sie werden unsichtbar aufgepustet, segeln los und schnurren wieder zusammen. Die kleinen Premieren-Zuschauer im Jungen Schauspielhaus brauchen am Sonntag kein Signal, um loszustürmen und die schlaffen Reste wie Trophäen einzusammeln. Schon in der ersten Szene gibt es in dem poetischen Stück "Die Kunst vom Fallen und Fliegen" viel zu lachen und zu staunen.

In der deutschen Erstaufführung des kroatischen Regisseurs Ivica Simic entfalten die in Graz lebende italienische Tänzerin und Choreografin Valentina Moar und die Schauspielerin Terese Zschernig aus dem Düsseldorfer Ensemble ein fantasievolles, ausdrucksstarkes Spiel. Bevor sie selber ganz zu sehen sind, kommen erst ihre Hände und Füße zum Vorschein. Finger und Zehen werden verdreht und gespreizt. Dann purzeln Socken durch die Schlitze, die als buntes Bündel auf dem Boden landen. Papierschwalben und Federn trudeln durch die Luft, bis ein Mädchen (Valentina Moar) mit einem Koffer auftaucht und alle Habseligkeiten darin verstaut. Schließlich, zunächst noch schüchtern, kommt auch das andere (Teresa Zschernig). Die beiden wollen sich fangen, verpassen sich ständig - und erschrecken, als sie sich plötzlich gegenüber stehen. Dann beginnt ihr Spektakel: Was immer sie miteinander unternehmen, stets hat nur eine die überlegene Rolle. Sie beherrscht und macht vor, was die im Stück Unbeholfenere erst noch lernen muss. Aber sie strengt sich mächtig an und schafft's dann auch. Nur das ewige Rumkommandieren passt ihr nicht. Irgendwann reicht es ihr, sie ruft: "Ende!"

Worte fallen kaum in dem pantomimischen Theater. Die jungen Zuschauer vermissen sie nicht. Sie sind auch so gefesselt und haben ihren Spaß an dem munteren, bisweilen auch wilden Treiben: Kämpfe, Küsschen, Verschnaufpause. Wenige Hilfsmittel kitzeln die Kreativität heraus. Dreht man die Kulisse um, wird sie zur Kletterwand. An ihren Stangen lässt sich herrlich balancieren. Selbst wenn man mit einem Plumps zu Boden geht und laut "Aua" ruft. Hier litten gestern einige sensible Seelchen mit.

Doch schnell waren die Tränen wieder getrocknet, als leuchtende Fallschirmseide sich aufblähte und zur luftigen Schaukel wurde. Denn auch das will das Stück, das für Zuschauer ab drei Jahren empfohlen ist, uns sagen: Nach jedem Fallen folgt wieder ein Aufstehen. Oder aber, wie hier, ein Abtauchen in eine geheimnisvolle Unterwasserwelt -auf zu neuen Abenteuern. Überschwänglicher Beifall für die beiden Akteurinnen.

(RP)
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