Düsseldorf Verfolgte Künstler zurück im Kunstpalast

Düsseldorf · Die aktuelle Ausstellung im Museum Kunstpalast widmet sich der "Entarteten Kunst". Sie zeigt Werke von Dix, Macke und Lehmbruck.

Dix' "Bildnis des Malers Franz Radziwill" (1928).

Dix' "Bildnis des Malers Franz Radziwill" (1928).

Foto: Museum Kunstpalast

Leuchtendes Gelb, intensives Grün: In kräftigen Farben stehen drei nackte Frauen in der Natur. Hintereinander gereiht scheinen sie sich im Blättergewirr zu verstecken. Das großformatige Gemälde "Drei Badende" von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahre 1913 ist eines der bekanntesten Werke des deutschen Expressionisten, und zurzeit hängt es zum ersten Mal seit 80 Jahren wieder im Museum Kunstpalast.

Bilder, die Strömungen der Moderne aufgriffen, waren bei den Nazis verpönt - wie "Drei Badende" (1913) von Ernst Ludwig Kirchner.

Bilder, die Strömungen der Moderne aufgriffen, waren bei den Nazis verpönt - wie "Drei Badende" (1913) von Ernst Ludwig Kirchner.

Foto: AGNSW

Zu sehen ist es in der Ausstellung "Spot on: 1937" über die Säuberungsaktion "Entartete Kunst" der NS-Diktatur in Düsseldorf. Das Museum stellt eine kleine Auswahl der damals verschollenen und diffamierten und so aus dem öffentlichen Bewusstsein gestrichenen Kunstwerke in ein neues Licht und erinnert an die Ausmaße dieser politischen und geistesgeschichtlichen Katastrophe.

1937 verloren die deutschen Museen durch die Beschlagnahmung durch das NS-Regime einen Großteil ihres Bestandes an Kunst des 20. Jahrhunderts, insgesamt etwa 20.000 Kunstwerke wurden unter dem Vorwurf der "Entartung" von den Wänden der Säle geholt. Nationalsozialisten nahmen willkürlich mit, was für sie als "undeutsch" galt, darunter die Kunst von Juden oder Kommunisten, aber auch stilistisch oder inhaltlich unbequeme Kunst. Dazu zählten Arbeiten der avantgardistischen Bewegungen wie Kubismus, Dadaismus, Expressionismus, Surrealismus sowie Werke der neuen Sachlichkeit. Künstler, die sich nicht unter dem Begriff "Deutsche Kunst" im Sinne der nationalsozialistisch gewünschten "Volkskunst" gleichschalten ließen, wurden verfolgt - ihnen blieb nur, ins Exil zu fliehen. Einige haben sich wie Ernst Ludwig Kirchner das Leben genommen, andere wurden während des Holocaust ermordet.

Die Kunstsammlung, das heutige Museum Kunstpalast, verlor mehr als 1000 Kunstwerke: zehn Skulpturen, über 900 Blätter der Graphischen Sammlung und 112 Gemälde, darunter auch "Drei Badende" von Ernst Ludwig Kirchner.

In der Kabinettsausstellung sind fünf Gemälde, drei Skulpturen und sechs Arbeiten auf Papier zu sehen. Zudem bekommen Besucher Einsicht in Dokumentationsmaterial, das die ehemalige Provenienzforscherin des Museums Kunstpalast, Katja Terlau, und die Forschungsstelle "Entartete Kunst" an der Freien Universität in Berlin zusammengestellt haben.

Unter den Gemälden befinden sich nicht nur Werke, die damals entwendet wurden, sondern auch solche, die der BRD nach der Konfiszierung im Dritten Reich zurückgegeben wurden. Ein Beispiel dafür ist Lovis Corinths "Kriegsbeute" aus dem Jahr 1911.

Es werden auch Werke gezeigt, die von der künstlerischen Säuberungsaktion verschont geblieben sind. Wie "Vier Mädchen" von August Macke aus dem Jahre 1912/13. Warum dieses expressionistische Bild bleiben durfte, ist ein Rätsel. Denn mit der Leuchtkraft seiner Farben, dem strahlenden Gelb, dem leuchtenden Rot und dem kräftigen Blau, aber auch den entpersonifizierten Gesichtern der Frauen, steht es für viele Kunstwerke jener Art, die die die Nationalsozialisten zu vernichten suchten.

Wie fatal die Säuberungsaktion unter dem NS-Regime für die Kultur war, lässt sich anhand der wenigen wiedergefundenen, kunsthistorisch bedeutsamen Werke nur erahnen - es bleibt die Frage, wie viel vielleicht für immer verlorengegangen ist.

(RP)
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