Düsseldorf Stadtrundgang erinnert an historische Gewerbeschau

Düsseldorf · Durch Zufall ist die Regisseurin Claudia Bosse im Stadtarchiv auf eine Postkarte aus dem Jahr 1902 gestoßen. Die machte sie neugierig. Ein arabisches Dorf mitten in Düsseldorf war darauf zu sehen. Bosse recherchierte zusammen mit dem Komponisten und Medienkünstler Günther Auer und fand heraus, dass die sogenannte Orientstraße Teil der großen Industrie- und Gewerbeschau war.

 Die Postkarte aus dem Stadtarchiv zeigt die Orientstraße, die auf der Gewerbeschau 1902 zu sehen war.

Die Postkarte aus dem Stadtarchiv zeigt die Orientstraße, die auf der Gewerbeschau 1902 zu sehen war.

Foto: FFT/Claudia Bosse

Am Samstag, 8. Juli, will Bosse nun mit Düsseldorfer Bürgern durch die Stadt gehen und Objekte, auf denen zum Beispiel die Postkarten abgebildet sind, hinterlassen. Sie bezeichnet das als installative Prozession.

"Kolonialausstellungen oder Völkerschauen waren damals hip und eine gängige Darbietung anderer Kulturen", sagt Bosse. "Auch bei der Weltausstellung in Chicago 1893 gab es schon solche Ausstellungen." Neben Industriegütern, Kunst und Kriegsmaschinen konnten die Besucher der Gewerbeschau auch das arabische und nubische Dorf besichtigen. Dort stellten rund 100 Araber und 30 Nubier fast sechs Monate lang jeden Tag von morgens bis in die Nacht hinein den Alltag im Orient nach und verkauften Waren. Postkarten von damals zeigen einige der Menschen in Marktszenen, in einer arabischen Schule vor Orientteppichen oder in einem Teesalon. "Es ist ein künstliches Setting mitten in Düsseldorf entstanden", so Bosse.

Die Regisseurin hat in der Vergangenheit schon mehrere ortsspezifischen Theaterprojekte umgesetzt. Dabei ging es ihr immer um ungewöhnliche Kontexte im öffentlichen Raum. Seit Anfang des Jahres arbeitet sie beim Forum Freies Theater Düsseldorf (FFT). Ihr neues Projekt "Reenacting the archive" verbindet Recherchen im Stadtarchiv mit Aktionen im Stadtraum. Bosse untersucht unterschiedliche propagierte Weltsichten von Austellungsdisplays der Jahre 1902, 1926 und 1937. Der erste Part setzt sich nun mit der Darstellung des Orients im Jahre 1902 auseinander. "Wir haben uns gefragt, wie diese Darbietungen die Wahrnehmung fremder Kulturen prägte und wie das heute ist", sagt die Regisseurin. Für den ersten Part ist der Rundgang durch die Stadt geplant. "Wir werden Dokumente aus dem Archiv in den Stadtraum tragen", so Bosse. "Die Objekte öffnen dann Bezüge zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart."

Reenacting the archive, Part 1 (1880-1902), Samstag, 8. Juli, 17 Uhr, Stadtarchiv Düsseldorf, Worringer Str. 140, Anmeldung unter info@fft-düsseldorf.de. Die Teilnahme ist kostenlos.

(eler)
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