Düsseldorf Soziale Medien auf der Bühne

Düsseldorf · Im Tanzhaus wird mit einer neuen Produktion über Youtube, Instagram und Videospiele nachgedacht.

 Laura Vanborm wird wie ein Geschenk eingewickelt.

Laura Vanborm wird wie ein Geschenk eingewickelt.

Foto: Phile Deprez

Zwei junge Frauen kriechen auf die Bühne. Sie kämpfen sich unter einer Folie hindurch, richten sich auf, frieren kurz ein. Sie beginnen umherzutänzeln, drehen sich, wirken wie Meerjungfrauen, als die Folie sich immer enger um sie schließt. Sie bewegen sich hektisch, bis kein Platz mehr für Bewegung bleibt. Es folgt eine Videosequenz: "Jane's unwrapping-channel", eine Szene wie aus einem der unzähligen Geschenke-auspack-Videos auf Youtube.

"Cliffdancers" ist eine Tanzvorstellung für ein junges Publikum, die nun im Tanzhaus NRW Premiere feierte und Jugendliche zwischen der Onlinewelt und dem realen Leben, geprägt von Abonnementzahlen, Smileys und virtuellen Realitäten, darstellt. Die Aufführung gliedert sich in drei Episoden mit verschiedenen Themenschwerpunkten: Youtube mit seinen unzähligen Rezensionsvideos, den entstehenden Hypes und der Konkurrenz untereinander. Dann: Videospiele. Auf der Bühne synchronisieren sich die Bewegungen projizierter Avatare mit denen der Performer - bis man nicht mehr weiß, wer wen eigentlich steuert. Zuletzt zwei von einer künstlichen Intelligenz gesteuerte Jugendliche, die von einer virtuellen Realität in die nächste gleiten und dabei die Kontrolle über sich selbst verlieren.

Die einstündige Aufführung setzt sich mit einer Generation auseinander, in der oftmals kaum auszumachen ist, was echt ist und wer man eigentlich ist. Sie verleitet dazu, seine eigene Position in der modernen Welt zu hinterfragen: Wie beeinflussen mich diese Realitäten? Wie viel Kontrolle habe ich über mich als Abbild in der Onlinewelt?

Die jungen Zuschauer werden vereinnahmt von bekannten Bildern, elektronischer Musik, Smileys, die als Projektion über die Bühne huschen. Auch mancher Schock-Moment ist dabei, bringt aber zum Nachdenken: Eine Performerin kämpft in lockeren Shorts mit langer Hose darunter und weitem T-Shirt gegen einen zweiten Performer in engen Shorts, bauchfrei, darüber ein Hauch von Oberteil. Zwei andere Performerinnen kichern, tanzen, und entblößen dann ihre Brüste. Im Raum steht die Frage nach Geschlechterrollen, nach sexualisierten Inhalten, wie sie uns täglich im Netz begegnen. Tatsächlich führt das unter den Zuschauern nach der Vorstellung zu Diskussionen. Die Kooperation zwischen dem Tanzhaus und dem Kinder- und Jugendtheater Kopergietery aus Gent (Belgien) schafft so eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität, digitaler Popkultur und Realität.

Info Weitere Aufführungen: heute ab 11 und 19 Uhr, morgen ab 19 Uhr im Tanzhaus.

(RP)
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