Düsseldorf Schumann bis zum Abwinken

Düsseldorf · Mit Gidon Kremer und Mikhail Pletnev eröffneten zwei große Stars am Wochenende das Schumannfest.

 Mikhail Pletnev (li.) und Gidon Kremer.

Mikhail Pletnev (li.) und Gidon Kremer.

Foto: Susanne Diesner

Mangamädchen hüpfen nicht durch die Tonhalle. Allenfalls drängen sich einige Comic-Verkleidete auf dem Weg zur Amüsiermeile am Rheinufer durch die festlich gestimmte Gesellschaft vor Düsseldorfs blumengeschmücktem Konzerthaus. Die hatte am Samstagabend nicht Japankult im Sinn, sondern Schumann, sein Festival und die großen Stars Gidon Kremer und Mikhail Pletnev. Und so voll wie die Altstadt war die Tonhalle allemal.

Weder Pokalendspiel noch Mega-Event können dem Klassik-Romantik-Fest etwas anhaben, hat man den Eindruck. Nicht einmal der Sommertag, der unvermittelt und wie zum Hohn zum Motto des Schumannfests über die Landeshauptstadt gekommen war. Das lautet zur 14. Auflage nämlich "Das Jahr ohne Sommer" und bezieht sich auf einen Vulkanausbruch in Indonesien vor 200 Jahren und seine Folgen für das Klima, die Menschen und die Kunst.

Die Romantik - sprich Schumann & Co. - sind ohne diese Katastrophe kaum denkbar, formuliert mit den Festival-Machern Tonhallen-Intendant Michael Becker. Und auch Oberbürgermeister Thomas Geisel begrüßt das Publikum des Eröffnungskonzerts in diesem Sinne.

Schumann bis zum Abwinken. Die beiden Orchesterkonzerte des Wochenendes (eigentlich sind es mit den drei Sternzeichen vier) stellen Düsseldorfs wohl liebstes Kind fast monografisch aus. Die Düsseldorfer Symphoniker verleihen der "Rheinischen" ein durch und durch Mas-Condisches Gepräge, ergeben sich freudig erregt, euphorisiert vom Wiedersehen mit dem Ex-Chef, in dessen launig-ernsthafte Art des Geschichten-Erzählens. So rund und zart hört man das Scherzo, so dicht den feierlichen langsamen Satz selten. Und der Übergang zum Finale - ein Wunder. Schumanns Schwermut ist hier in Leichtigkeit gegossen. Ganz anders, und doch so verwandt, erscheinen die "Kinderszenen", jedenfalls wie sie der große Philosoph Adorno auffasste. Sechs der Klavier-Petitessen hat er unter dem Titel "Kinderjahr" im amerikanischen Exil für kleines Orchester arrangiert und dabei nicht nur neue Klangfarbenmelodien erfunden, sondern in einer Mischung aus Heimweh und Objektivierung (und mit gestopftem Horn) Schumann einen Ton gegeben, wie er dem Schumannfest angemessener nicht sein könnte. Dass sich Brahms' Violinkonzert in diesem Umfeld gut macht, selbst in der mal brillanten, mal eher banalen Bearbeitung für Klavier, ist klar. Dejan Lazic spielt sein Arrangement selbst, Mas Conde erweist auch hier dem Werk Respekt und führt das Orchester zu begeisternden Ausbrüchen an Klangschönheit und Ausgewogenheit.

Das Russische Nationalorchester und sein temperamentvoller Leiter Alexander Sladkovsky überbrachten Schumann klingende Liebesgrüße aus Moskau. Das Orchester besticht durch intensiven Streicherklang, ein unglaublich weites dynamisches Spektrum, ausgewogenes, edles Holz und diszipliniertes Temperament. Die "Manfred-Ouvertüre" drang tief in Schumanns komplexes Denken und Fühlen. Die von Schumann selbst vorgenommene Bearbeitung des Cellokonzerts für die Geige war bei Gidon Kremer in sensiblen Händen, sein Ton ist immer noch strahlend und jung. Das große, anspruchsvolle Spektakel aber war das Klavierkonzert mit Mikhail Pletnev. Sein persönlicher Zugang zu Schumann wirkt wie improvisiert, manchmal verliert er sich im Sinnieren, mal rauscht er durchs Gelände. Immer aber singt sein Ton - wieder und wieder leuchten Mittestimmen herauf -, die der hochglänzende Kawai-Shigeru-Flügel willig freigibt.

Eine Reverenz ans Japanfest vielleicht, das, nach einem berührenden zugegebenen Duo der beiden Stars, mit dem Feuerwerk auch das Schumannfest schmückt.

(RP)
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