Probleme mit Kö-Bögen II in Düsseldorf Schauspielhaus: Intendant kündigt fast allen Schauspielern

Düsseldorf · Bis auf sieben muss das gesamte Ensemble gehen. Zudem muss der designierte Intendant wegen des Kö-Bogen II neu planen.

 So etwas hat Wilfried Schulz nicht ahnen können: Dass man ihm in Düsseldorf mit der Bautätigkeit am Kö-Bogen alle künstlerischen Pläne durchkreuzen würde.

So etwas hat Wilfried Schulz nicht ahnen können: Dass man ihm in Düsseldorf mit der Bautätigkeit am Kö-Bogen alle künstlerischen Pläne durchkreuzen würde.

Foto: Hans-Jurgen Bauer

Man könnte es ihm fast nicht verdenken, wenn er ginge, noch bevor er richtig angekommen ist. Doch von Zorn und Zynismus alleine lässt sich Wilfried Schulz, der ab 2016 als Intendant Düsseldorfs Schauspielhaus leitet, gottlob nicht lenken. Nur unterschwellig ironisch sagt er auf Anfrage unserer Redaktion, dass "alles anders kommt als geplant".

Das Bauvorhaben Kö-Bogen II habe erhebliche Auswirkungen auf den Spielbetrieb am Gustaf-Gründgens-Platz. So wird die erste Spielzeit des designierten Theaterchefs nicht aufgehen, wie er sich das vorgestellt hat. "Das Bauvorhaben wird den Spielbetrieb des Schauspielhauses wesentlich behindern", sagt Schulz. Er ist schon dabei, sich mit seinem Team nach Ausweichspielstätten und neuen Probebühnen umzusehen. "Das, was ich geplant habe, lege ich erstmal geschlossen beiseite. Und jetzt plane ich neu."

Mitte November schon will er der Öffentlichkeit mitteilen, welche Notlösung er gemeinsam mit Stadt und Land als Trägern erarbeitet hat. Ein bisschen zynisch wird er dann doch: "Schaffen Sie mal eine Identität, ohne überhaupt ein Schauspielhaus zu haben."

Schon seit vielen Monaten hatte sich der derzeit noch in Dresden engagierte Theatermacher in Düsseldorf umgesehen, mit seinem Team die Lage sondiert, selbstverständlich die Querelen im Vorfeld der geplanten Bauarbeiten mitbekommen. Dass nun alles so arg zulasten des Theaterbetriebs ausgehen soll, hatte er sich in seinen schlimmsten Träumen nicht ausmalen wollen. Nun aber will Wilfried Schulz dennoch die Notlage beherzt anpacken und dafür einstehen, was er versprochen hat. Er versprach, dafür hat man ihn gewählt, das Theater wieder in die Mitte der Gesellschaft zu rücken, das Haus für alle Besucherschichten zu öffnen und in einen kommunikativen Ort der Landeshauptstadt zu verwandeln.

Das sind die Entwürfe für den Kö-Bogen II
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Foto: Ingenhoven/ Doug and Wolf

Um dieses Ziel des Neubeginns zu erreichen, hat er eine weitere Maßnahme ergriffen. Fast dem gesamten Ensemble hat Schulz gekündigt. Nur sieben von rund 40 Schauspielern bleiben ab Sommer 2016 im festen Vertrag, nämlich Moritz Führmann, Thiemo Schwarz, Markus Danzeisen, Andreas Grothgar, Hanna Werth, Claudia Hübbecker und Karin Pfammatter. Gespräche hat Schulz mit allen geführt, sich in vielen Vorstellungen ein Bild von ihren Leistungen gemacht. Per Brief gingen dann die Kündigungen raus, die bis 15. Oktober ausgesprochen sein mussten. Einigen Schauspielern hat er Gastverträge angeboten. Aus Dresden bringt er ihm bekannte Kollegen mit - höchstens sieben. Den Rest des Ensembles stellt er neu zusammen, hunderte Bewerbungen liegen ihm aus allen Teilen der Republik inklusive Wien vor.

Auf die Frage, ob solch ein harter Schnitt nötig sei, antwortet Schulz: "Das Charakteristikum des Düsseldorfer Ensembles ist, dass es noch gar nicht wirklich zusammengefunden hatte. Das will und kann ich Herrn Beelitz nicht vorwerfen. Der längste Vertrag, der mir überhaupt vorlag, ging über sieben Jahre. Viele hatten ihre Koffer noch nicht ausgepackt oder eigene Wohnungen gefunden." Der Exodus hatte schrittweise nach der Ära von Amélie Niermeyer eingesetzt, als die Situation unter Intendant Staffan Holm immer brenzliger wurde. Viele gute Leute hatten damals von sich aus die Koffer gepackt.

Der Scherbenhaufen im Schauspielhaus scheint nur schwer zu kitten: Auch in der Verwaltung werden die meisten Köpfe ausgetauscht, Geschäftsführung, Marketingchef, Pressechefin und andere müssen gehen. Einige hatten bereits in der Ära Beelitz von sich aus gekündigt - aus anderen, persönlichen Gründen. "Allen, denen Wilfried Schulz kündigen konnte, hat er gekündigt", sagt ein Mitarbeiter, der lieber nicht genannt werden will. Dementsprechend schlecht sei die Stimmung am Haus, das zudem immer noch unter anhaltend flauen Zuschauerzahlen leide.

Der personelle Wechsel ist Programm am Theater. Doch der Wechsel des künstlerischen Kurses war so nicht vorgesehen.

(RP)
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