Sängerin Sarah Connor Deutschlands berühmteste Delmenhorsterin

Düsseldorf · Die Sängerin Sarah Connor trat in der Mitsubishi-Electric-Halle auf. Die Musik rückte dabei schnell in den Hintergrund.

Sarah Connor beim Konzert in Düsseldorf. Die 36-Jährige ist mittlerweile vierfache Mutter. Ihr jüngster Sohn wartete hinter der Bühne.

Sarah Connor beim Konzert in Düsseldorf. Die 36-Jährige ist mittlerweile vierfache Mutter. Ihr jüngster Sohn wartete hinter der Bühne.

Foto: Anke Hesse

Ein Abend mit Sarah Connor hat immer auch etwas von einem Familien- oder Klassentreffen. Irgendwie schafft es Deutschlands bekannteste Delmenhorsterin immer, eine intime, heimelige Atmosphäre zu kreieren. Unter den rund 6500 Besuchern der Mitsubishi-Electric-Halle versucht sie, eine ihrer besten Freundinnen auszumachen: "Mirja, wo bist du?" Stattdessen entdeckt sie in den vorderen Reihen Günni, den Fan, der so gerne ihren Namen brüllt: "Ach, du bist auch wieder da! Es ist so ungewöhnlich, dass sich mal eine Männerstimme nach vorne wagt." So spielt die Musik an diesem Abend oft die Nebenrolle - zum Gefallen der Fans.

Niemand mag heute mehr den unterkühlten Popstar, der auf der Bühne bloß sein Programm abspult und nach 90 Minuten wieder abgeht. Die Fans wollen den Menschen hinter dem Produkt spüren, ihm nah sein, seine Profile in den sozialen Medien verfolgen und bei einem Konzert direkt angesprochen werden. Den Grundstein für eine besondere Nähe legte Sarah Connor schon vor über zehn Jahren, als sie Protagonistin der Dokusoap "Sarah & Marc in Love" war. Heute ist sie mit ihrem Manager zusammen, und vor zwei Monaten kam ihr viertes Kind zur Welt. Ein Sohn: Jax.

Hochschwanger gab Sarah Connor vergangenes Jahr die letzten Konzerte der Sommertour. Einen Abend im Spätsommer auf dem Bochumer Zeltfestival spielte sie mit unübersehbarem Schwangeren-Bauch, und der Abend geriet außergewöhnlich emotional. Ein gutes halbes Jahr später hat Baby Jax einen Backstage-Pass, und Mama Sarah kommt zwischen zwei Stillzeiten auf die Bühne. "Ich habe jetzt zwei kinderfreie Stunden", ruft sie ins Publikum, "jeder, der Kinder hat, wird verstehen, wie geil das ist."

Trotzdem wirkt die Sängerin anfangs etwas abgekämpft, und es dauert etwas, bis sie auf Betriebstemperatur ist. Sie startet mit "Halt mich", das nicht nur vom Titel her an Herbert Grönemeyer erinnert und die Richtung vorgibt: Ihr Sound knüpft an die Hoch-Zeiten des klassischen Deutschrocks an. Ihre Texte sind sozialkritisch und - natürlich - zutiefst persönlich. "Halt mich" handelt von der Situation in einem Land, das Waffen in alle Welt verkauft, in dem aber erst ein "Straffe-Titten-Skandal" zum Aufreger wird, so die Sängerin. Sarah Connor kritisiert die Kommunikationskultur in den sozialen Medien, aber kann trotzdem nicht ohne. "Ständig erreichen mich Nachrichten auf Facebook oder anderen Kanälen zu diesem Lied", kündigt sie "Das Leben ist schön" an, in dem sie ihre eigene Sterblichkeit besingt. "Ich widme es allen, die es jetzt gerade brauchen."

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Foto: dpa, ve sab soe

Auch während des obligatorischen Akustik-Sets gibt sie sich fürsorglich. Das Publikum ist ungewöhnlich still, und plötzlich ruft jemand: "Sanitäter!" Die Band wartet ab, und Sarah Connor erkundigt sich besorgt nach dem Stand der Dinge: "Du siehst immer noch blass aus. Komm, ruh dich aus, trink noch was", spricht sie mit dem schwächelnden Fan. Später bittet sie zwei Mädchen auf die Bühne und knipst mit Mamas Handy ein Selfie.

In dieser Situation wird klar, welche breiten Publikumsschichten die Sängerin, die die meisten ihrer Songs selbst schreibt, erreicht. In gut 15 Karrierejahren hat sie immer wieder neue Generationen von Teenagern geknackt, die ihre Eltern oft einfach mitbringen. Die Konzerthalle wird zur Familien-Begegnungsstätte.

Musikalisch lassen es die 36-Jährige und ihre hervorragend eingespielte, neunköpfige Band über weite Strecken ruhig angehen. Ein Cover wie "Rock With You" - "Bei einem Michael-Jackson-Konzert bin ich auch mal umgekippt", erzählt Sarah Connor - oder den Superhit aus Connors englischer Periode, "From Sarah With Love", entwickelt sie genüsslich aus einem Zeitlupen-Tempo heraus.

So ist es ein echter Ausreißer aus einem Balladenmeer, wenn Rocker Henning Wehland von den H-Blockx als Gast auf die Bühne kommt und mit seiner Freundin im Duett "Bonny & Clyde" singt - und auch mal die Reibeisenstimme zum Einsatz kommt.

(RP)
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