Düsseldorf Romantischer Fotopionier

Düsseldorf · Der Düsseldorfer Fotograf und Chronist der Kunstszene Benjamin Katz ist Träger des Kunstpreises der Künstler 2016.

In diesem Jahr ehrt "Die Grosse" Benjamin Katz und zeichnet den Fotografen für sein Lebenswerk aus.

In diesem Jahr ehrt "Die Grosse" Benjamin Katz und zeichnet den Fotografen für sein Lebenswerk aus.

Foto: Katja Illner

Es gibt ein Foto von Benjamin Katz, das Markus Lüpertz und Georg Baselitz 1979 während eines Galeriebesuchs in Amsterdam zeigt. Elegant gekleidet schlendern die beiden Männer aneinander vorbei, ohne sich eines Blickes zu würdigen. Wir wissen als Betrachter nicht, in welchem Verhältnis die zwei Künstler standen, aber wir sehen, dass sie distanziert miteinander umgehen und dass sie von ihrer eigenen Bedeutung überzeugt sind. Das kann man bei Baselitz selbst von hinten erkennen.

Es ist ein Beleg für die Fähigkeit eines großen Fotografen, den "magischen Augenblick" zu erfassen. Katz hatte offenbar den Blick für die Künstler, bevor er die Liebe zur Kamera entdeckte, studiert er selbst Kunst in Berlin. 1956 war das. Der Belgier, der 1939 als Sohn jüdischer Eltern - der Vater wurde im KZ ermordet - in Antwerpen geboren wurde, ist ein großer Fotograf. Nun ist er mit dem Kunstpreis der Künstler 2016 ausgezeichnet worden, und das freut ihn sehr. Zum einen, weil ihm der Preis von anderen Künstlern zugedacht wurde, zum anderen weil es, wie er sagt, sein erster sei.

Kaum vorstellbar bei einem Mann, dessen Archiv eine halbe Million Fotos umfasst, 1700 sind im Fotoarchiv AFORK (Archiv künstlerischer Fotografie der rheinischen Kunstszene) im Museum Kunstpalast versammelt. Aber er habe sich auch nie um einen Preis beworben, meint der 76-jährige, der die Aura eines britischen Gentlemans ausstrahlt, ein wenig ähnelt er sogar dem Schauspieler Christopher Lee.

Als Kay Heymer vom Museum Kunstpalast sein Werk mit dem Cartier-Bressons vergleicht, wehrt Katz bescheiden ab, nennt aber einen vielleicht entscheidenderen Einfluss - den Fotografen Alfred Stieglitz. Mit dem Fotopionier verbindet ihn einiges. Auch Stieglitz war für seine Künstler-Fotografien bekannt, hunderte Male fotografierte er die Malerin Georgia O´Keefe, seine Ehefrau. Und er betrieb mehrere Galerien in New York. Auch Katz war Galerist, in Berlin, eine erste Ausstellung mit Werken von Georg Baselitz führte 1963 zu einem Skandal, weil ein Teil der Bilder wegen Obszönität verboten wurde. Mit Baselitz verbindet ihn eine enge und lange Freundschaft, aber auch Künstler wie Gerhard Richter oder A.R. Penck ließen sich von ihm bei der Arbeit beobachten und ablichten. Die Zeit der "Ateliers und Kneipen", wie er sie nennt, ist allerdings vorbei. Die heutige Kunstszene sieht er kritisch, "Es ist ein knallhartes Geschäft geworden, vom Kommerz und von Sammlern bestimmt." Als die Szene noch romantischer war, hat er alles beobachtet und dokumentiert, die großen Ausstellungen wie "Von hier aus". "Aber das war eine andere Welt."

Er sieht sich heute noch immer als Romantiker, der von seiner alten Leica schwärmt. "Allein dieses Geräusch, dieses Klick." Kein Wunder, dass er das Analoge bevorzugt. "Die Wirtschaft erlaubt nur noch Dinge, die Geld bringen. Natürlich ist die digitale Fotografie leichter. Zu leicht." Heute interessiert sich der Chronist der Kunstszene mehr für Landschaftsaufnahmen, für Wolken oder Stillleben. Die Ruhe für diese Aufnahmen fand er während eines langen Sanatoriumsaufenthaltes. So erklären sich vielleicht seine beiden Welten, die kontemplative und die der Teilnahme am sozialen Geschehen. Aber die Ruhe fand er auch bei Atelierbesuchen. Heute wirkt er abgeklärt und gelassen. Einen Wunsch hat er - nach dem angeblich ersten Preis - doch noch. "Vielleicht den Nobelpreis", meint er lächelnd. Einen für Künstlerfotografie müsste die Akademie in Schweden allerdings erst noch schaffen.

(RP)
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