Düsseldorf Probleme kommen auf den Tisch

Düsseldorf · Mit Filzstiften und einer Rolle Tapete zieht das "Forum Freies Theater" (FFT) für "von uns aus: weiter" über die Marktplätze. Die Installation, die in 17 Räumen zu sehen sein wird, eröffnet die Spielzeit am 26. August.

 Eine Probe von dem Stück "von uns aus: weiter"findet auf dem Hülsmeyerplatz in Rath statt.

Eine Probe von dem Stück "von uns aus: weiter"findet auf dem Hülsmeyerplatz in Rath statt.

Foto: Andreas Endermann

Noch ist die neue Spielzeit nicht eröffnet, doch das Forum Freies Theater (FFT) ist schon voll und ganz da. Etwa auf dem Rochusplatz in Pempelfort, dem Hermannplatz in Flingern oder dem Hülsmeyerplatz in Rath, der mehr einem zu groß geratenen Gehweg entspricht, als einem Platz. Gerade so aber bietet er genug Raum für zwei Marktstände: an einem werden Kartoffeln "frisch vom Hof" verkauft, am anderen Eier. Das FFT hat rechts vom Eiermann angebaut und verkauft gar nichts. Trotzdem kommen die Leute.

Denn dort, wo sich der Verkehr auf der Bochumer Straße staut, weil die Autos, die vom Rather Kreuzweg kommen, endlos auf der grünen Welle surfen, recherchiert das Ensemble für "von uns aus: weiter". Sie wollen wissen, was den Düsseldorfern an Düsseldorf gar nicht passt, was sie gut finden, die Ergebnisse sollen zur Diskussion gestellt werden und Teil der mehrräumigen Installation werden, mit der das FFT seine Spielzeit eröffnet.

17 Orte sollen im Juta an der Kasernenstraße zeitgleich bespielt werden, Tänzer, Fotografen, aber auch Schüler und Studenten sind mit dabei. Bernd Plöger stutzt und überlegt, wie er es besser formulieren könnte, und sagt's dann doch frei raus: "Normale Leute" machten mit. Nicht nur Künstler. Bernd Plöger ist Regisseur und Teil des Produktionsteams "Plöger, Winkler, Becker".

"Jeder Mensch ist ein Künstler" hat Joseph Beuys mal gesagt. Das haben sie auf die Tapete geschrieben, die sie auf einem Tisch auf dem Hülsmeyerplatz ausgerollt haben. Es gibt Filzstifte, mit denen die Ra-ther ihre Anliegen zu Papier bringen sollen. Es kommen Männer mit grauen Bärten und Frauen mit Handkarren und erstmal fragen sie: "Was ist das?" oder "Was gibt es hier?" Denn eigentlich gibt es hier ja immer bloß die Kartoffeln und die Eier, die echt gut sein müssen. Eine Dame erzählt, dass sie extra hierher käme zum Einkaufen, obwohl sie in Bilk wohne. Lange Jahre hatte sie in Rath gelebt.

"Die Verbundenheit mit den Stadtteilen ist sehr groß", sagt Gila Maria Becker, die die "Stadt: Tische" initiiert hat. Viele, die an ihrem Tisch halt machen, würden von den Veränderungen im Stadtteil berichten. Es gibt die Schauergeschichten, von Mieterhöhungen und zu kleinen Renten. Aber auch vom Tässchen Kaffee wurde schon erzählt, sagt Becker, zu dem sich eine Runde Damen täglich treffen würde. Tatsächlich sei es von Stadtteil zu Stadtteil sehr unterschiedlich, sagt Becker, wie viele Probleme die Menschen auftischten.

"Schön finde ich die Wim-Wenders-Ausstellung", schreibt eine Dame. "Gebühren für Autos und LKW" wünscht ein Maut-Befürworter. "Ich gehe nicht ins Theater, lese aber", schreibt einer. Eine Frau ärgert sich, dass ihr Blick aufs Junge Schauspiel an der Münsterstraße durch einen Neubau verdeckt werde. Das Theater mag sie trotzdem noch. Es müsse nicht immer um Kunst und Kultur gehen, sagt Bernd Plöger. Auch zum Thema Flüchtlinge hätten beispielsweise viele eine Meinung.

Während "von uns aus: weiter" im Juta läuft - gespielt wird nach der Premiere noch vom 28. bis zum 30 . August - wird sich die Installation täglich verändern. Auch weil die Akteure wechseln, täglich soll es neue Gäste geben, die Teil der Vorstellung werden.

Zum Auftakt kommt die Flüchtlingsbeauftragte der Stadt, Miriam Koch, und diskutiert mit Hubert Ostendorf, dem Gründer der Obdachlosenzeitschrift "Fifty-Fifty". Die Themen, die die Düsseldorfer auf den Marktplätzen angestoßen haben, sollen dann auch aufs Tableau kommen.

(RP)
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