Düsseldorf Papierblütenstaub im Zakk

Düsseldorf · Poetry-Slammer Patrick Salmen las aus seinem Buch "Genauer betrachtet sind Menschen auch nur Leute" und bot neben Ironie wunderbare Lyrik.

Patrick Salmen stellt uns zuallererst Volker und Kerstin vor. "Der Raclette-Abend" heißt sein erster Text und handelt vom jüngsten Pärchenabend bei Volker und Kerstin, kennengelernt in der Krabbelgruppe. Kerstin bezeichne sich als "positiv bekloppt" und finde Ausdrücke wie "zum Bleistift" lustig. "Ich hasse Kerstin", haut Patrick Salmen den 150 Zuschauern im Zakk dann ganz trocken um die Ohren. Und dass er ihren Stumpfsinn verachte und Angst habe, bald selbst spießig zu werden. Das aber ist undenkbar, zumindest weiß der Besucher das nach zwei Stunden poetischem Kabarett, Lyrik und Prosa. Denn Patrick Salmen nimmt mit Auge und Ohr wahr, wie das Leben spielt. Stellt sich mit Stift und Block leicht abseits des Geschehens - und entlarvt Etikette als das, was sie so häufig ist: ein peinliches Schauspiel.

Mit Vollbart und Kappe saß Salmen auf der Bühne. Auch beim Blick ins Publikum konnte einen das Gefühl beschleichen, dass sich alle Bartträger Düseldorfs zu dieser Lesung verabredet hatten. Eine Nachwehe von "Rostrotkupferbraunfastbronze" - also dem Text, mit dem Patrick Salmen 2010 deutscher Poetry-Slam-Meister wurde und seine Karriere begann.

Das neue Buch des Prosaautors und Poetry-Slammers heißt "Genauer betrachtet sind Menschen auch nur Leute" und besteht aus Kurzgeschichten. Er liest Kapitel eins, und es geht um das Lied "Lieblingsmensch". Der erste Song seit "Cotton Eye Joe", der ihm "tierisch auf den Sack gegangen" sei. Er reibt sich an der Beliebigkeit der Reime. Das "Nana nana nana" wecke in ihm die Lust, das Radio aus dem Fenster zu werfen, um es anschließend zu holen und gleich nochmal herauszuwerfen. Salmen spottet über die "Tchiboisierung" des Mannes: braunes, wallendes Haar, karierte Pyjamas, Funkweckerstationen auf dem Fenstersims.

Jetzt könnte man Patrick Salmen als Misanthropen bezeichnen. Jemanden, der Mitmenschen mustert und ihr Verhalten verachtet. Nur vorwerfen würde man ihm das nicht. Die Besucher belohnen nahezu jeden Satz mit beherzten Lachern, weil es eine Wohltat ist, dass er ausspricht, was andere Menschen denken.

Nach der Pause dann zeigt sich: Die Schublade Poetry Slam ist zu klein für Patrick Salmen. Das wusste ja schon jeder, der sein erstes Buch "Distanzen" (Lektora Verlag, 2011) gelesen hatte. Der sinnliche Makel der Sprache mache ihm zu schaffen, schreibt er darin. "Papierblütenstaub" sei das doch bloß. Im Zakk stellt er neue Lyriktexte vor. Erzählt von einem Wintertag, an dem er seiner Freundin sagen wollte, dass er für sie Toast und Rührei machen und sie küssen möchte - und sie am Ende nur auf das geöffnete Fenster hinweist, und er sie dann fragt, ob sie auch finde, dass es zieht.

Wenn Patrick Salmens Texte "Papierblütenstaub" sind, dann hat er es bei seinem Auftritt in Düsseldorf geschafft, seine Zuhörer mit einer leichten Staubschicht zu versehen. Wer nun eines seiner Bücher liest, wird diese sonore Stimme hören und wissen, ob Salmen gerade pointierte Ironie oder berührende Gedanken teilt.

(ball)
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