Serie Die Sichere Bank (2) Paare und Passanten am Grabbeplatz

Düsseldorf · Viele Düsseldorfer haben eine Lieblingsbank, auf der sie regelmäßig sitzen, das geschäftige Treiben beobachten oder die Stille genießen. Unser Autor verfolgt das Kommen und Gehen in Düsseldorf am liebsten von einer Steinbank aus.

 Bertram Müller auf seiner Lieblingsbank am Grabbeplatz.

Bertram Müller auf seiner Lieblingsbank am Grabbeplatz.

Foto: Andreas Endermann

Die Steinstufen auf dem Grabbeplatz sind nur meine zweitliebsten Bänke in der Stadt. Noch lieber als dort halte ich mich zwei Stockwerke höher auf, im Café van Lieshout der Kunstsammlung NRW. Von oben lässt sich wunderbar das Treiben auf dem Platz verfolgen. Man kann einen Cappuccino trinken und seine Gedanken spazieren führen. Normalerweise. Doch zurzeit ist das Café van Lieshout, benannt nach der niederländischen Künstlergruppe, die es gestaltet hat, wegen Reparaturarbeiten geschlossen. Die Steinstufen als zweitbeste Lösung haben auch ihr Gutes. Dort unten gibt man sich als Beobachtender zugleich selbst zur Beobachtung frei. Das ist nur fair und unterstützt das Flair des Platzes.

In Düsseldorf gibt es keine schönen Plätze - das hört man oft und seit Jahren. Doch so übel ist der Grabbeplatz nicht. Man müsste nur mal saubermachen, und auch der schmale Bach, der dort einst zum Gedenken an Werner Schmalenbach plätscherte, den Gründungsdirektor der Kunstsammlung, ließe sich reaktivieren. Dann würde man sich den Plätzen von Siena, Florenz und Rom schon näher fühlen.

Ein laues Lüftchen durchweht den Grabbeplatz. Geradeaus blickt man auf die Kunsthalle, rechts daneben auf St. Andreas. Paare, Passanten streifen über den Platz ähnlich wie in der gleichnamigen Prosa von Botho Strauß. Rechts die Mühlenstraße hinunter sind es nur ein paar hundert Meter bis zum Rhein.

Man kann ihn zwar nicht sehen, doch für den Rheinländer ist es stets gut, ihn in der Nähe zu wissen. Die Steinstufen sind nur schütter besetzt: ein paar Meter rechts neben mir ein mittelaltes Paar im Schatten, weiter vorn zwei junge Damen im Sonnenlicht.

Eine ältere Dame überquert den Platz mit zwei Hunden und spricht lebhaft auf sie ein. Auch ein junges Paar bewegt sich von der Kunsthalle in Richtung Ratinger Straße, er mit Badeschlappen, sie mit Heinemann-Tasche. Urlaubsstimmung.

Jetzt macht ein roter Doppeldecker-Bus Station: "City Tour Düsseldorf". Neun Leute verlieren sich auf dem Sonnendeck, wenden ihre Köpfe je nach Ansage bald nach rechts, bald nach links - und weiter geht's.

Neben mir haben sich inzwischen zwei junge Frauen niedergelassen. "Ich war bei der letzten Eröffnung", sagt die eine und weist auf die Kunstsammlung hinter uns. Endlich mal was Kulturelles. Die Verlockung, den harten Steinplatz nach einer halben Stunde zu verlassen, um im Op de Eck nebenan doch noch an einen Cappuccino zu gelangen, erweist sich als Trugbild. Auch dort wird renoviert. Jetzt kommt die Frau mit den Hunden zurück - ich habe hier schon Bekannte. Auch der Bus kehrt zurück. So geht es hin und her.

Und da, endlich mal was Romantisches im ökonomischen Düsseldorf: Ein junges Paar küsst sich ausdauernd mitten auf dem Grabbeplatz. Danach kehrt wieder Alltag ein, und mein Blick fällt auf etwas, das ich bis jetzt übersehen habe: eine Reklametafel mit wechselnder Anzeige: "Bahn und Bus fahren so weit man will für 2,35 Euro am Tag", "Mein Schiff. Buchen Sie den Unterschied", "Do your thing. Camel".

Eine Stunde habe ich jetzt hier ausgeharrt, das entspricht der Spielregel dieser Serie. Die Zeit verging schneller als gedacht, das sogenannte Sitzfleisch schmerzt nur in Maßen, und ich verlasse diesen Ort der Flüchtigkeit in guter Laune. "Bahn und Bus", "Mein Schiff" und "Do your thing" - das Leben geht weiter.

(B.M.)
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