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Düsseldorf Nick Cave und die beste Rockband der Welt

Düsseldorf · Nick Cave hat mit den Bad Seeds in der ausverkauften Mitsubishi-Electric-Halle gespielt. Die Fans des 60-Jährigen duften viele große Glücksmomente erleben.

Nick Cave und die Bad Seeds in Düsseldorf
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Nick Cave und die Bad Seeds in Düsseldorf

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In der Mitsubishi-Electric-Halle ist es dunkel wie in einem Grab. Um die Instrumente und Podeste auf der menschenleeren Bühne glimmt nur schwaches Schwarzlicht. Bevor Nick Cave and the Bad Seeds auftreten, weht ein Stück aus der Filmmusik zu "Wind River" aus den Lautsprechern, die Nick Cave mit dem Multiinstrumentalisten der Bad Seeds, Warren Ellis, geschrieben hat. Sie haben darin den Sound des aktuellen Albums "Skeleton Tree" fortgeschrieben, der von atmosphärischen Klangflächen getragen wird, die direkt unter die Haut kriechen. So sind es anfangs auch Stille und Kontemplation, ein unterschwelliges Grauen, die dieses großartige Konzert transportiert.

Ganze sieben Songs spielen die Bad Seeds vom "Skeleton Tree", das Nick Cave als Antwort auf den plötzlichen Tod seines 15-jährigen Sohnes geschrieben hat. Die Konzentration auf das neue Werk bedeutet allerdings nicht, dass das alte zu kurz kommt - und erst recht nicht, dass Nick Cave seine extrovertierte Bühnenpersönlichkeit ablegt. Im Gegenteil sucht er den direkten Kontakt zum Publikum, beugt sich von der Rampe aus tief hinein in die ersten Reihen, kommt den Händen nah, die nach einer Berührung gieren - und schwingt dann im letzten Moment wieder zurück. Dieses Spiel aus vermeintlicher Nähe und echter Unnahbarkeit versteht er so gut, wie es große Rockstars zu allen Zeiten verstanden haben.

Mit den ersten gesungenen Zeilen, die er seinen Fans mehr eindringlich zuruft als singt, lässt der 60-Jährige mit den tiefschwarzen Haaren die Nacht entstehen. Er singt von Tieren, die sich in ihr Dunkel hüllen, "Blumen, die auf ihre nackten Knie fallen", von einer skelettierten Welt. Das geht, wie Udo Lindenberg sagen würde, ganz tief rein.

Wie schnell sich diese Grabesstimmung in delirierenden Wahnsinn verwandeln kann, zeigt der "Higgs Boson Blues". Nick Cave geht darin auf eine rund zehnminütige Assoziationsreise, die ihn ausgehend von der Entdeckung des "Gottesteilchens" an die Kreuzung, an der Robert Johnson auf den Leibhaftigen trifft, und zu Hannah Montana führt. Warren Ellis' E-Gitarre fließt heiß und schwer wie Lava durch die Halle, die musikalischen Eruptionen, die sie anstößt, kommen einem kontrollierten Vulkanausbruch gleich. Das fantastische "Jubilee Street", der ganz frühe Song "From Her To Eternity" oder "The Mercy Seat", das der alternde Johnny Cash mit einer Coverversion geadelt hat, münden in einen ähnlichen Irrsinn - und dem Publikum bleibt nicht viel mehr, als entzückt aufzuschreien, ihr Idol immer wieder in die Arme zu schließen und zurück auf die Bühne zu schubsen.

Einen ziemlich lang währenden Glücksmoment beschert Nick Cave zahlreichen Fans, als er sie im Zugabenblock wie aus einer spontanen Laune heraus auf die Bühne bittet. Es ist, als brauche er diese Meute, damit sie ihn zu den harten Ausbrüchen in "Stagger Lee" treibt und mit ihm gemeinsam Trost spendet in "Push The Sky Away".

Ein Wunder, wie die Bad Seeds ihren trotz aller Rock-Exzesse sehr exakten und detailreichen Sound hinbekommen, während um sie herum ein Pulk von Menschen tanzt. Zu diesem Zeitpunkt ist das keine Frage mehr: Nick Cave and the Bad Seeds sind die beste Rockband der Welt.

(RP)
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