Düsseldorf Mummenschanz und Stühlerücken

Düsseldorf · Tanz: Zur Faszination von "Now & Next" gehört, dass Platz für Irrtümer ist.

Ein faszinierender Einblick in eine seltsame Welt. Auch zum Saisonauftakt von "Now & Next" waren die Reihen im Kleinen Saal des Tanzhauses dicht besetzt. Es hat sich schon lange herumgesprochen, dass hier aufregende Positionen von jungen Choreographen verhandelt werden.

Tänzer der Kölner Hochschule für Musik und Tanz, der Ruhr-Universität Bochum und eine Folkwang-Absolventin stellten sich vor. Was man von Özlem Alkis und ihrer Arbeit "Camouflage" zu sehen bekam, machte ausgesprochen neugierig. Drei in Schwarz verhüllte Gestalten treten auf die Bühne und bewegen sich kaum, nur von elektronischen Störgeräuschen und leiser Musik begleite. Ist das nun Tarnung oder ein mittelalterlich anmutender Mummenschanz? Langsam, fast unendlich langsam stellt sich heraus, dass diese Gestalten mit Stofffetzen hantieren, die ihnen zusätzliche Körper, ja Gliedmaße verleihen.

Auch beeindruckend ist das, was das ZOO Collective im Studio 6 eingerichtet hat. Es geht um Möbelstücke und ihre Zweckentfremdung. Auf Leinwänden und Videos - und umgeben von merkwürdig bürohaften Inventar - testen die Akteure die Belastbarkeit der Stühle und Schränke, balancieren in Büros und Hörsälen, eine faszinierende Entfremdung im sozialen Kontext, die jedoch einiges an Reiz verliert, als sich zwei Tänzer aus der Menge lösen, und einander testen, durch Drücken, Schaben und Drängen. Was erst gut funktioniert hat, verliert an Wirkung.

In "Hochwasser" untersucht Luisa Saraiva Massenphänomene. Was zunächst wie eine psychotherapeutische Sitzung beginnt - einer oder eine lässt sich fallen, die anderen fangen sie auf -, verliert mehr und mehr an Ordnung, bis es schließlich zu einem wilden Jagen und Stürzen gerät. Derjenige, der übrig bleibt, schiebt schließlich die wie leblos wirkenden Körper zusammen und lässt es sich nicht nehmen, mit ihnen zusammen ein Selfie zu schießen. Dessen hätte es nicht bedurft.

(RP)
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