Düsseldorf Mensch, Luther!

Düsseldorf · Die Historikerin Lyndal Roper wurde im K 21 mit dem renommierten Gerda-Henkel-Preis geehrt.

 Die neue Henkel-Preisträgerin: Lyndal Roper.

Die neue Henkel-Preisträgerin: Lyndal Roper.

Foto: Hans-Jürgen bauer

Es gibt sie also noch: diese Stätten, an denen Wissenschaft und Forschung das unbestritten hohe Gut unserer Gesellschaft sind und sich die bildungsbürgerliche Gesellschaft ihrer Relevanz versichern kann. Zu einem solchen Ort wird jedes Mal das K 21 und vormalige Ständehaus, wenn dort die Gerda-Henkel-Stiftung alle zwei Jahre ihren mit 100.000 Euro hoch dotierten Wissenschaftspreis vergibt.

Diesmal an die australisch-britische Historikerin Lyndal Roper: für ihre Arbeit an einem Thema, das die Brücke vom Mittelalter in die Gegenwart schlägt, das ein typisch deutsches und gefühlt europäisches ist - das Leben und Wirken Martin Luthers. Wobei die 60-Jährige mit ihrem neuen Werk nicht einfach ein weiteres Luther-Opus in die inzwischen große Bücherkiste zum Reformationsjubiläum gelegt hat. Weil sie nicht mit dem Teleskop die Welt beäugt, sondern mit dem Mikroskop.

Roper hat sich dem leibhaftigen Reformator zugewandt - seinem großen Zorn, der seine Kreativität befeuerte, dem Patriarchen und "antiasketischen Denker", der die Spaltung der Reformationsbewegung sehenden Auges in Kauf nahm, weil er die Fleischwerdung Jesu in der Eucharistie verteidigte. Und natürlich nicht kleinzureden: Luthers Antisemitismus, den Roper "beunruhigend physisch" nannte.

Lyndal Roper betreibt mit ihrer Forschung keine Nabelschau; sie ist keine "Psycho-Historikerin", so ihre Laudatorin Professor Barbara Stollberg-Rilinger. Aber sie nähert sich den Menschen empathisch, offen und neugierig. Das entspricht ihrem Verständnis von Forschung, wohl auch ihrem Wesen. Diese Vermutung legte die Preisträgerin selbst nahe mit ihrem freundlichen und liebenswerten Auftritt. Und mit ihrer unverstellten Freude, mal wieder in Deutschland sein zu können: nicht nur in der Heimat Luthers, sondern in jenem Land, das sie als Studentin einst willkommen hieß und das sich jetzt nach Lyndal Ropers Worten "so aufnahme-freundlich zeigt".

(los)
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