Düsseldorf Kunstsammlung bald ohne Führung

Düsseldorf · Nach dem Weggang von Direktorin Marion Ackermann nach Dresden verlässt auch der kaufmännische Direktor Hagen Lippe-Weißenfeld die NRW-Staatsgalerie. Wer wird Projekte wie Portigon oder die Fischer-Sammlung jetzt begleiten?

Als "Dream-Team" trat die vom Kulturministerium neu installierte Doppelspitze 2009 an, um die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen weiter nach vorne zu bringen, die Zukunft zu gestalten. Nun, nach knapp sieben Jahren, steht das Haus so gut wie führungslos da. Es zieht nicht nur Marion Ackermann (51) zu neuen Ufern, die ab 1. November Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wird. Auch der kaufmännische Direktor Hagen Lippe-Weißenfeld verlässt den Grabbeplatz und wechselt in die Privatwirtschaft.

In Abstimmung mit seinem Arbeitgeber, dem Land NRW, wird der 41-Jährige bereits zum 1. September in die Vermögensverwaltung gehen. "Family Office" heißt das Geschäftsmodell, in dem der studierte Betriebswirt mit Banklehre und hoher Kunst-Affinität tätig sein wird. "Family Offices" sind exklusive Beraterbüros für das Vermögen von superreichen Familien. Der neue Arbeitsplatz liegt nicht weit vom alten, nur 500 Meter weiter auf der Kö. Lippe-Weißenfeld sieht sich selbst als Wanderer zwischen den Welten von Kunst, Kultur und Wirtschaft. "Ich musste wieder in die Wirtschaft", sagt er, und: "Wenn's am schönsten ist, soll man gehen."

Anders als Ackermanns Vertrag war seiner vom Land bislang nicht verlängert worden. Dessen ungeachtet habe er sich zu seiner beruflichen Veränderung entschlossen, sagt Lippe-Weißenfeld, der seinen neuen Vertrag längst unterschrieben hat. Obwohl ihm die sieben Jahre an der Museumsspitze gefallen haben und seine Bilanz sich sehen lassen kann.

Gemeinsam mit Marion Ackermann hat Lippe-Weißenfeld publikumsnahe Projekte wie das Kraftwerk-Konzert ermöglicht, die Tomas-Saraceno-Installation im Ständehaus oder das Lichterfest am Schwanenweiher. "Dass die Kunstsammlung weiterhin auf einer soliden wirtschaftlichen Basis steht", verdanke man Lippe-Weißenfeld, teilte gestern das NRW-Kulturministerium mit. Lippe-Weißenfeld habe dafür gesorgt, dass der Mix aus hochkarätiger Dauerausstellung und anspruchsvollen Sonderausstellungen auch wirtschaftlich aufgegangen sei, erklärte Ministerin Christina Kampmann. Wie es in Zukunft am Grabbeplatz mit der renommierten Landesgalerie weitergeht, steht freilich noch in den Sternen. Der Weggang von Lippe-Weißenfeld ist gefühlt "morgen" und der von Ackermann "übermorgen". Dazwischen liegen noch die Sommerferien. Die beiden sind schon so gut wie weg.

Auf Anfrage erklärte das zuständige Ministerium, dass in der nächsten Kuratoriumssitzung neu darüber beraten werde, ob überhaupt weiterhin eine Doppelspitze die Kunstsammlung führen wird. Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Staatssekretär in der Regierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), hatte seinerzeit das Modell durchgesetzt. Zwecks Neubesetzung der Direktorenstelle ist das Ministerium zur Zeit dabei, eine Findungskommission zu berufen. Über die Zusammensetzung der beteiligten Juroren und ihre Anzahl und Qualifikation werden keine Angaben gemacht. Man wolle so schnell wie möglich, also zeitnah, einen Nachfolger für Ackermann berufen.

Lippe-Weißenfeld sagte gestern, er werde das Haus in einem guten Zustand übergeben, die Jahresbudgets wolle er noch bis inklusive 2017 fortschreiben. Für die Zeit, wenn Lippe-Weißenfeld weg ist, also ab 1. September, führt Marion Ackermann alleine die Geschäfte und übernimmt somit die Aufgaben des ehemaligen geschäftsführenden Direktors bis zu ihrem Weggang am 1. November. Das sieht die Geschäftsordnung vor.

Wer sich um die langfristigen Projekte in Zukunft kümmert, die Marion Ackermann angestoßen hat, ist noch ungeklärt. Mit viel Fingerspitzengefühl hat sie die Sammlung Dorothee und Konrad Fischer an ihr Haus binden können, der Vorgang ist sensibel und komplex, so etwas muss bis zum Abschluss begleitet werden. Spannend ist auch die Frage, wie die Vereinnahmung der verbliebenen Kunstschätze von Portigon (Ex-WestLB) in eine angehängte Stiftung der Kunstsammlung vollzogen wird. Es sind lauter bedeutende Aufgaben, für die sich der künftige Chef neben der kunsthistorischen Expertise qualifizieren muss.

(RP)
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