Düsseldorf Kunstbotschafter auch in China

Düsseldorf · Kunsthallenchef Gregor Jansen pflegt den internationalen Austausch. Für 2017 plant er den Ausstellungsmarathon zum 50. Geburtstag.

 Gregor Jansen, Direktor der Kunsthalle.

Gregor Jansen, Direktor der Kunsthalle.

Foto: Katja Illner

Vor sechs Jahren ist er angetreten als Nachfolger von Ulrike Groos, die nach Stuttgart ins Kunstmuseum wechselte. Im verflixten siebten Jahr muss Gregor Jansen die Party zum 50. Geburtstag der Kunsthalle ausrichten. Dabei soll es ein würdiges Fest werden. Die verschiedenen Ausstellungen 2017 werden sich wie eine Standortbestimmung lesen lassen: Wo kommt die Kunsthalle her - und wohin entwickelt sie sich? Ein Ausstellungsreigen wie ein Dreiklang aus Geschichte, Gegenwart und Zukunft am Grabbeplatz,

Der Direktor der Kunsthalle ist ein feinsinniger Kurator und lebendiger Vermittler von aktueller Kunst. Beredt ist er auch, formt schöne Worte über Kunst, die man gut versteht. Das ist heutzutage nicht selbstverständlich. Gregor Jansen (50) ist noch dazu ein begnadeter Strippenzieher - im besten Sinne. Er bringt Menschen und Themen zusammen, die in Düsseldorf zusammengehören. Mit lokalen Helden wie Ferdinand Kriwet, Hans-Peter Feldmann oder Thomas Ruff hat er sein Programm angereichert. Zuletzt auch den hierzulande noch weniger bekannten Chinesen Song Dong gezeigt, was eine seiner erfolgreichsten Ausstellungen in der jüngeren Vergangenheit war.

Eigentlich interessieren ihn Zahlen nicht so sehr, sagt Jansen, aber schön war es, zu erleben, wie viele Besucher - nämlich 18.000 in drei Monaten - Song Dong anschauen kamen. "Die Ausstellung mit ihrem Generationsthema und den Geschichten über das Leben hat Menschen berührt", sagt er. Was Besseres kann es für ihn nicht geben,

So wie er die Welt in die Kunsthalle holt, so trägt er ein Stück Düsseldorf in die Welt, ohne dass er wie etwa Marion Ackermann und Beat Wismer über einzigartige Leihgaben verfügen könnte, die große Museen anfragen. Seit 2010 hat Jansen die Kunsthalle internationaler positioniert. Das konnte er auch deshalb tun, weil drei Jahre vor seiner Berufung das "KiT - Kunst im Tunnel" die Arbeit aufnahm und Gertrud Peters in dem unterirdischen Ausstellungsraum am Rhein ein Schwerpunktprogramm mit besonderem Bezug für junge Leute anbietet.

In der Karwoche ist Jansen wieder als Sonderbotschafter nach China unterwegs, um in der historischen Wasserstadt Wuzhen über Kunst zu sprechen. Vor zwei Wochen tat er Ähnliches in Korea; da erinnerte er an den lange im Rheinland wirkenden Künstler Nam June Paik anlässlich dessen zehnten Todestages.

Erinnerung ist unerlässlich für die Planung von Zukunft. So wird auch, wenn ein Jahr lang in der Kunsthalle Geburtstag gefeiert wird, als Erstes auf die Vergangenheit geschaut, dann die Gegenwart beschrieben und schließlich die Zukunft skizziert. Im April 2017 wird das Gründungsjahr 1967 in einer Auftaktausstellung beleuchtet, die als zentrales Stück Joseph Beuys' Installation "Wirtschaftswerte" zeigt. Diese gedankenschwere Arbeit thematisiert die Frage nach der Institution Museum und ihrer Werte. Ist das Ausstellungswesen überhaupt noch maßgebliche Instanz für die Bewertung und Bestimmung von Kunstwerten oder haben längst Sammler, Messen und der Markt die Hoheit über die Setzung übernommen?

Beuys wird inmitten seiner Freunde und Mitstreiter wie Panamarenko, Hans-Peter Feldmann, Imi Knoebel oder Mario Merz - parallel zur Marcel-Broodthaers-Retrospektive im K21 - gezeigt. Ein eigenes Retro-Kapitel widmet sich den gesellschaftlichen Auswüchsen, dem Hippiewesen und der Wildheit der 1970er Jahre: Achim Duchow, Christof Kohlhöfer, Memphis Schulze, Sigmar Polke mit Blinky Palermo und Katharina Sieverding nennt Jansen als Künstler, die er zeigen will.

Das Kapitel der Gegenwart fängt mehrere Aspekte ein, schließlich feiern auch Kunstverein und KIT runden Geburtstag, da will man einerseits Gemeinsamkeit entwickeln. Auf der anderen Seite fokussiert Jansen die Kunstakademie, er befragt Lehrinhalte und ihren Wandel, zeigt Positionen vom Eiskellerberg.

Jetzt schon gibt es einen spannenden Vorgriff auf das, was ihm in der Landeshauptstadt als besonders wichtig und strahlkräftig erscheint. Die Amerikanerin Rita McBride, die zuletzt als Akademie-Rektorin viel Kritik einstecken musste, präsentiert Gregor Jansen ab 8. April mit einer Soloschau ihrer bildhauerischen Arbeiten.

Die Ausstellungen drei und vier im Jubiläumsjahr sind noch offen, weil die Fragen, die sich an die Zukunft richten, 2017 andere sein werden als heute. "Wir möchten die radikalen Veränderungen bearbeiten, Phänomenen nachspüren, die wie jetzt in Leverkusen zu absurden Ideen wie Museumsschließungen führen können und inmitten von Sparprogrammen, Geldnöten und Bankrotterklärungen nach Lösungen suchen für das soziale Leben, den Kultur- oder Ausstellungsbetrieb und die Ökologie der Zukunft."

Künstlernamen kann Gregor Jansen dazu noch nicht nennen. Wichtig ist, dass genug Geld in die Kasse kommt. Er hofft auf Unterstützung vieler Sponsoren und hat bei der Stadt einen Sonderzuschuss beantragt. Schließlich soll der Stellenwert der Kunsthalle, die sie über die Stadtgrenzen hinaus hat, betont werden.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort