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Düsseldorf Kunst geht an die Decke

Düsseldorf · Der Akademierundgang 2016 ist voller Überraschungen: Jovita Majewski veranstaltet einen Maskenball für ihre Abschlussarbeit.

Jährlicher "Rundgang" der Kunstakademie Düsseldorf
7 Bilder

Jährlicher "Rundgang" der Kunstakademie Düsseldorf

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Bei Chris Catme bekommt man mit etwas Glück Kunst geschenkt. "Freiheit" steht auf dem Foto, das einen Wellenreiter mit erhobener Hand zeigt. Einen spiegelnden Button klebt der Student der Klasse Rita McBride als Zertifikat in die untere linke Ecke. Eigentlich hat er das Internet in seinem Klassenraum nachgebaut, ein hohes Fenster ("das ist der Hashtag") mit einem Netz verhängt und Kunstvolles dazu arrangiert: malerische Flächen in Neonfarben eingezogen und eine fremde Frau in Mona Lisas Rahmen. Die Installation ist online, mit Laptop und Handy produziert Catme aktuelle Werke. Er läuft auf Rollschuhen - "wegen Highspeed", sagt er.

Ausblick: In der Klasse von Katharina Grosse hängen die Bilder an der Decke.

Ausblick: In der Klasse von Katharina Grosse hängen die Bilder an der Decke.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Die Arbeit von Catme, der es mit Andy Warhol hält ("do something new"), ist erfrischend, wohlkalkuliert und zeitnah. Sie steht wie viele Installationen in einem gesellschaftlichen Kontext, was den Rundgang 2016 zu einem Ereignis macht. Die Stimmung unter den Akteuren ist ansteckend, Kreativität schießt nur so aus den Klassenräumen. Das Potenzial der 1773 gegründeten Düsseldorfer Eliteschmiede dringt bis auf die Flure, auf denen sich gestern schon viele Menschen umschauten. Auch Rektorin Rita McBride und Kanzler Johann Peter Schäfer zogen durch die Klassen, Prorektor Robert Fleck sagte, wie wichtig diese Schau für die Studierenden sei, sie finde auf der Schwelle zur beruflichen Realität statt und biete eine freie Plattform, die man so nie wieder vorfinde.

Die Leistungsschau zum Semesterende zeigt, wie offen der Kunstbegriff geworden ist. Dass manche Bildhauer sehr gut malen, Maler wiederum mit plastischen Arbeiten groß herauskommen, die Installation das Zentrum vieler Arbeiten ist, Performances und Aktionismus unbedingt dazu gehören. Grenzen sind nicht existent, das versichern viele Studenten, nicht nur in Andreas Gurskys Klasse der freien Kunst. Bei dem Fotografieprofessor gibt es gute Fotoarbeiten, die Fläche und Raster untersuchen. Ins Auge fällt indes die rotierende Großskulptur von Alexander Föllenz, die nach dem Schützenheiligen "Sebastian" benannt ist und mit Pfeilen beschossen wurde. Noch weiter geht das Experimentieren bei der Soundskulptur von Tim Löhde, der in ein aus Schränken bestehendes Gehäuse ein Klanglabor setzt: Musik von Alexander Skrjabin vermischt mit atonalen Akkorden.

Jovita Majewski aus der Klasse Katharina Fritsch inmitten ihrer Installation, zu der ein Maskenball gehört.

Jovita Majewski aus der Klasse Katharina Fritsch inmitten ihrer Installation, zu der ein Maskenball gehört.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Voller Kraft und Aktionismus steckt die Abschlussarbeit von Jovita Majewski (28), die bei Professorin Katharina Fritsch ein vielgestaltiges Tagebuch öffnet mit bildhauerischen, malerischen und konzeptionellen Elementen. Eine Projektion mit Flüsterton an der Wand, ein Koffer voller Keramik-Ohren, Familienfotos im Karton, 300 kleine Aquarelle im Karteikasten, Mikadohölzer in einer Zufallsstruktur, gleich daneben waberndes Trockeneis, ein Brot aus Gießharz, ein tropfendes Handtuch mit Postkartenmotiven, vier zur Skulptur aufgetürmte Gemälde und der zentrale Schaukasten. Gestern Abend hatte die Studentin zum Maskenball aufgerufen, 600 Leute kamen, Einlass gab es nur mit einer Maske. Die beste wurde prämiert und kommt ab heute in den silbrig schimmernden Turm der Großinstallation. Da kann man im schwarzen Guckraum alles anschauen. Majewski umkreist mit dieser Arbeit das Thema "Identität" - "das höchste Gut, das wir haben".

In diesem Jahr veredeln die Installationen und Performances den Rundgang; Standortbestimmung und Ich-Auskünfte sind Anliegen vieler Studierenden. In der Klasse Martin Gostner hat Jonas Kohn mit Schweißnaht auf Stahl geschrieben, ein bedrückendes Tagebuch über den Schorf auf der Seele. Auch der Rote Teppich von Emile Schlesser wird ab heute zur Aktion einladen.

Die Malerei ist selten unerwartet, vielleicht bei Niklas Bewerungen (Klasse Herbert Brandl), der das Geheimnis der Vergangenheit in eine klassische Form zwingt. Die größte Überraschung lauert in Katharina Grosses Klasse. Ein Traum wird wahr, die Kunst geht an die Decke.

(RP)
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