Düsseldorf Kö verliert Goldschmiede an Berlin

Düsseldorf · Hornemann bricht auf zu einem programmatischen Neubeginn in der deutschen Metropole der Kunst. "Wir waren nie Einzelhändler".

 Generationenwechsel in der Goldschmiede: Georg Hornemann (r.) bleibt Kreativchef, und Sohn Alexander führt künftig die Geschäfte.

Generationenwechsel in der Goldschmiede: Georg Hornemann (r.) bleibt Kreativchef, und Sohn Alexander führt künftig die Geschäfte.

Foto: Andreas Endermann

Aufmerksame Kö-Flaneure werden es schon bemerkt haben. Auf Höhe der Nummer 46 ist ein Schild verschwunden. Wo früher Hornemann und Paffrath gemeinsam auf ihre Präsenzen an der umtriebigen Edeleinkaufsmeile hinwiesen, steht heute nur noch sehr groß auf ovalem Untergrund "GP" - für die Galerie Paffrath. Wenn auch dieser Schilderwechsel gar nicht von Deutschlands renommiertestem Goldschmied und Schmuckhersteller selbst initiiert worden ist, so ist er doch symptomatisch. Denn Hornemann verlässt zum 1. November sein Stammhaus in Düsseldorf, kehrt der Kö den Rücken und bricht auf zu einem programmatischen Neuanfang in der Hauptstadt. Die Kunst wird künftig noch stärker Einfluss auf das Goldschmieden nehmen, kreative Prozesse und Kollaborationen mit namhaften Künstlern erhalten mehr Gewicht. All diese Maßnahmen verschieben die Marke Hornemann hin zur Kunst-Goldschmiede an der Schnittstelle von Kunsthandwerk und Design.

 "Kirschblüten-Ring" mit pinkfarbenen Saphiren, 2013.

"Kirschblüten-Ring" mit pinkfarbenen Saphiren, 2013.

Foto: M. Klimas

Zu solch einem Konzept passt kein Laden. Die Zeiten haben sich verändert, auch das Einkaufsverhalten. "Hier guckt schon lange niemand mehr in die Schaufenster", sagt Georg Hornemann, der für das vergangene Jahr den besten Umsatz überhaupt verzeichnen kann. Seit Ende der 1950er Jahre ist er in Düsseldorf ansässig, 1980 hat er an der Prachtmeile als Mieter der Kunsthändler-Familie Paffrath das Haus bezogen, von dem aus er international agiert. Architekt Karl-Heinz Petzinka hatte damals die Beletage elegant hergerichtet mit erlesenen Materialien und Raum für Vitrinen, für Kundengespräche und Empfänge. Im zweiten Stockwerk ist die Werkstatt untergebracht, in der sechs Goldschmiedemeister arbeiten und drei weitere Angestellte.

Das Geschäft, das Georg Hornemann betreibt und in dem seit 30 Jahren sein Sohn Alexander als Schmuckdesigner auf Augenhöhe mitwirkt, ist nicht durch Laufkundschaft geprägt. Wer bei Hornemann Kunde ist, bestellt Maßanfertigungen, Unikate oder Auflagen. Preziosen wie ein Hochzeitsring für Boris Beckers Frau oder die martialischen Platin-Schmuckstücke für den Künstler Markus Lüpertz liegen nicht im Schaufenster. 40 Prozent der kaufkräftigen wie meist auch elitären Kundschaft sind regional geprägt, 30 Prozent überregional, und 30 Prozent sind international.

 Gehstock mit Schädelknauf aus Silber, Gold und Ebenholz, 1998.

Gehstock mit Schädelknauf aus Silber, Gold und Ebenholz, 1998.

Foto: H. Happ

Immer stärker hat in der Vergangenheit die künstlerische Ader von Georg Hornemann (76) Einfluss auf sein Wirken als Goldschmied genommen. Daran ist auch sein Freund Markus Lüpertz Schuld, der nicht nur sein Kunde, sondern seit einem Vierteljahrhundert Hornemanns Lehrmeister für Malerei ist. Die beiden fast gleichaltrigen Kunstschaffenden stehen in engem Austausch über Philosophie, Politik, über Inhalte und Gestaltungsfragen. Vor knapp einem Jahr hat Hornemann in einer Ausstellung in der Galerie Hölz sein bildnerisches Werk ausgestellt, Malerei und Skulpturen, ein eigenes Universum. Er fand viel Anerkennung für seine Arbeiten. Auch seine Schmuckstücke sind - über die Jahrzehnte betrachtet - oft eher in Metall gegossene Skulpturen als im Alltag leicht tragbare Ringe oder Ketten. Wer solchen Schmuck kauft, ist ein Bewunderer der edlen Kunst. Man will ihn besitzen oder vielleicht nur in eine Vitrine stellen.

Mit dem Abschied von Düsseldorf vollzieht sich auch ein Generationenwechsel im Hause Hornemann: Vater Georg bleibt Kreativchef, übergibt aber das Zepter an Sohn Alexander, der das operative Geschäft führen wird. Mit im Boot, vor allem für die Künstler-Kollaborationen und das Marketing zuständig, ist Schwiegertochter Claudia Hornemann. Sie sagt, dass das Familienunternehmen den Schritt Richtung Hauptstadt aus verschiedenen Gründen tut. Vor allem aber hätten Hornemann die künstlerischen Aktivitäten der Vergangenheit, die Ausstellungen im Lehmbruck-Museum oder im Museum für angewandte Kunst, die Galerieausstellungen und Messepräsentationen beflügelt. Man habe das bisherige Geschäftsmodell und den Standort überdacht. "Der Wechsel von einem klassischen Juweliergeschäft hin zu einem galerieartigen Showroom ist die konsequente Weiterentwicklung." Der neue Standort entspricht der 1-A-Lage an der Kö. Das ehemalige Hotel Bogota an der Schlüterstraße (Nähe Ku'damm) hat eine spannende Kulturgeschichte. Berlin ist das, was Düsseldorf gern sein möchte: die angesagte Metropole der Kreativen. Künstler, Galerien und Privatsammler sind dort präsent, im Städteranking folgt Berlin auf London und Paris. "Wir waren nie Einzelhändler", sagt Alexander Hornemann, "und kreative Menschen stellen gern alles in Frage. In Berlin werden wir noch dynamischer und künstlerischer."

(RP)
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