Düsseldorf Klassik trifft auf wilde Club-Kultur

Düsseldorf · Fulminanter Musik-Tanzabend von Stephanie Thiersch am Tanzhaus NRW.

Schlaff liegen die Tänzer zu Füßen des DJs Nicolas Baudoux, die erste Ekstase ist vorbei. Doch schon bald hauchen Elektrobeats den Tänzern neues Leben ein, sie taumeln über die Bühne, ergehen sich in wilden Zuckungen, zeigen verzerrte Gesichter - bis sie ein neues Goldenes Kalb ausmachen, auf das sie sich stürzen können.

Die beeindruckenden Musiker des Asasello-Quartetts stehen auf einem kleinen Wagen, der auf die Bühne gerollt wird, spielen Beethoven, und die Tänzer greifen nach ihnen, zwängen sich auf die rollende Kleinbühne. Darauf mischt sich das Quartett unter die Tänzer, die Künstler vereinen sich zum fröhlichen Ringelreihen. Als die Musiker wieder allein auf ihrem Wagen stehen und sich in eine Art Trance spielen, umrunden die Tänzer sie, stolpern, richten sich wieder auf, prallen gegeneinander, beginnen erneut - lauter Helden, die einfach nicht sterben können.

Man kann das als Generationenporträt sehen, als ironischen Kommentar zu einem hedonistischen Lebensstil, vor allem aber ist es ein Sirenengesang. Zumindest hat Choreografin Stephanie Thiersch den Titel ihres Abends "Bronze by Gold" im Sirenenkapitel des "Ulysses" von James Joyce gefunden. Es geht um die Überwältigung durch Tanz und Musik, um die Überforderung der Sinne. Thiersch betreibt genussvoll die Verwirrung ihrer Figuren, treibt sie auf den Abgrund zu. Das ist heftig, manchmal ziellos, aber ein fulminantes Zusammentreffen von klassischer Musik, Tanz und Club-Kultur.

(RP)
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