Düsseldorf Katie Melua verstört und verzaubert

Düsseldorf · Der purpurfarbene Vorhang öffnet sich, und 23 Frauen, ganz in Schwarz gekleidet, legen los wie der Teufel, flüstern, raunen, singen a cappella. Auftritt Katie Melua: Sie hat hinter der Bühne gewartet und kommt nun von links zu den anderen gelaufen. Sie trägt ein weißes bodenlanges Kleid, ein Engel mit braunen Locken. Sie steigt ein mit ihrer glockenhellen Stimme. Man versteht in der Mitsubishi-Electric-Halle nicht, was sie da singt, denn sie singt in ihrer Muttersprache, auf Georgisch. Im Hintergrund hängt das Bild von einem Wald, er sieht verwunschen aus.

Katie Melua hat ein Weihnachtsalbum aufgenommen, es trägt den Titel "In Winter". Die 32-Jährige ist dafür extra nach Georgien gereist, in ihre alte Heimat, um es mit dem Frauenchor aus Gori aufzunehmen. Spurensuche in eigener Sache. Melua erzählt, sie habe das Land verlassen, als sie neun Jahre alt war, zwei Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Sie ist dann mit ihrer Familie nach Belfast gegangen, doch auch dort gab es Probleme.

Mit 19 veröffentlicht sie ihr erstes Album. "In Winter" ist ihr siebtes und ihr persönlichstes. Schon auf dem Vorgänger "Ketevan" ist sie sich näher gekommen. Ketevan lautet ihr richtiger Vorname, Katie wurde daraus erst im Vereinigten Königreich. Für das neue Album hat sie sich von ihrem langjährigen Songschreiber getrennt, hat sich ein neues Label gesucht und ist in die georgische Pampa aufgebrochen, um herauszufinden, wer sie denn nun eigentlich wirklich ist. Die neuen Stücke sind sakraler, sperriger, düsterer als ihre früheren Sachen. Die meisten Lieder hat sie immer nur für andere gesungen.

Der Abend folgt einem strengen Arrangement. Die erste Hälfte ist eine werkgetreue Wiedergabe ihres neuen Albums und zwar Stück für Stück. Katie Melua wirkt verschlossen, hält sich an ihrer Gitarre fest. Das Publikum, zum Teil ergraut, lauscht andächtig und verhält sich mucksmäuschenstill. Eigentlich, denkt man, ist die Mitsubishi-Electric-Halle viel zu groß für diesen intimen Auftritt, dabei wurde sie verkleinert und komplett bestuhlt. Es ist, als würde man versuchen, mit einem Teelicht die Atta-Höhle auszuleuchten.

Nach der Pause ändert sich die Stimmung. Die Sängerin ist nun offener, gelöster. Sie erzählt, wie sie mit 17 ihren ersten Song geschrieben hat, stimmt ihre erste Single "The Closest Thing to Crazy" an, widmet "Thank You, Stars" ihrem Mann James, der mit ihr nach Düsseldorf gekommen ist, und verrät, dass es sich dabei um ihr Hochzeitslied handelt. Sie lobt die deutschen Weihnachtsmärkte und stimmt noch mehr alte Hits an. Bezaubernd sind die Cover von "Bridge over troubled water" und "Wonderful Life". Wenn eine Stimme zu trösten vermag, dann ihre. Katie Melua singt jetzt nicht mehr nur für sich. Sie singt auch für die fast 2000 Menschen in der Halle.

(RP)
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