Düsseldorf Fürstliches Porzellan aus Sachsen

Düsseldorf · Das Hetjens-Museum präsentiert die Schenkung des Sammlers Klaus Jürgen Thiemann mit exquisiten Objekten Meissener Porzellans.

Düsseldorf: Fürstliches Porzellan aus Sachsen
Foto: Hetjens

In der Schulstraße gibt es derzeit gleich doppelten Grund zur Freude. Denn wenn man jetzt das Hetjens-Museum betritt, zeigt sich ein wohlbekannter Raum in neuer, ungeahnt großzügiger Pracht: Der Festsaal des Palais Nesselrode - sonst dicht bestückt mit Vitrinen - rückt nun als ideal proportionierter Raum an sich in den Blick und eröffnet frisch renoviert mit nagelneuem Eichenholz-Parkett überraschende Durch- und Ausblicke. Mit einer Drehung erfasst der Besucher via Fensterblick zentrale Orte Düsseldorfer Kulturgeschichte: Die Maxkirche, in der Schumann und Mendelssohn Dienst taten, die Maxschule, die einst Heinrich Heine besuchte, der alte Hafen und die Bastei und die pittoreske Citadellstraße mit ihren Kulturinstitutionen.

Dass der Festsaal nun in seiner ursprünglichen Bestimmung wieder sichtbar wird und in sanierter Façon erst recht einen würdigen Rahmen für Ausstellungen mit zarten Artefakten bietet, ist der großzügigen Spende von Klaus Jürgen Thiemann zu verdanken. Der Düsseldorfer Radiologe und Sammler war dem Museum lange Jahre als Mitglied des Freundeskreises verbunden und hat ihm außerdem und vor allem seine kostbare Sammlung frühen Meissener Porzellans vermacht.

Diese 71 Objekte umfassende Sammlung ist noch bis zum Sonntag unter dem Titel "In fürstlichen Diensten. Komödianten, Sultane und Pagoden aus Meissener Porzellan" im renovierten Festsaal zu sehen, bevor sie in die Porzellan-Abteilung umzieht und im Saal die nächste Ausstellung mit Keramik aus der Zarenzeit vorbereitet wird. Die fragilen Objekte aus der Zeit Augusts des Starken wirken wie zu Hause in der luftigen Präsentation des Saals, zumal in der Mitte eine kreisrunde Tafel aufgebaut ist, auf der die zierlichen Figürchen in ihrer authentischen Umgebung in ihrer ursprünglichen Funktion zu sehen sind. Denn die kunstvoll bemalten und gestisch enorm ausdrucksstarken Porzellan-Figuren wurden in ihrer Entstehungszeit zum Dessert auf den fürstlichen Tafeln nicht nur zum Schmuck dekoriert, sondern auch, um das gelehrte oder auch galante Gespräch anzuregen. In der Barock- und Rokoko-Zeit waren - zumal in der höfischen Welt - die gesellschaftlichen Regeln stark formalisiert. Wie im Theater oder in der Oper war der Kanon der Gesten genau festgeschrieben, die Stellung der Hand, der Neigungswinkel des Kopfes transportierten ganz konkrete Bedeutungen.

Auf der Tafel im Festsaal sind die Figuren regelrecht inszeniert und treten miteinander in Beziehung. Sie reichen sich heimlich Briefe, sie hofieren einander mit Verbeugungen oder auffordernden Tanzgesten und tauschen begehrliche Blicke. Der ganze artifiziell überhöhte Kosmos der erotisch aufgeladenen Kommunikation des galanten Zeitalters spiegelt sich in diesen Figuren aus der Porzellan-Manufaktur Meissen, die allesamt zwischen 1745 und 1755 entstanden. Ein großes, mit 18 Objekten nahezu vollständiges Ensemble bildet die Figurenfolge der Commedia dell'arte Gruppe von Komödianten, die damals äußerst populär und nahezu omnipräsent waren.

Beliebt waren auch idealisierte Darstellungen von Bauern und Schäfern und exotische Erscheinungen und Moden vom Orient über Asien bis nach Afrika. Eine Dreiergruppe antiker Herrscher mit Cyrus, Julis Caesar und Alexander dem Großen, eine Kollektion von Zuckerdosen und zwei Leuchter mit üppigen Porzellanblumen und einmontierten Kursächsischen Soldaten vervollständigen die grandiose Sammlung, deren Anmut man sich nicht entziehen kann. Daniela Antonin, kommissarische Leiterin des Hetjens-Museums, spricht enthusiastisch von einem "Festtag" und betont, dass die Sammlung mit ihrer hohen Qualität und ihren makellosen Provenienzen - einige Stücke stammen aus der Rockefeller-Sammlung - "für das Museum eine Lücke schließt". Auf dem Kunstmarkt wäre die Sammlung derzeit etwa 800.000 Euro wert. Auf einer Auktion oder auf einer Luxus-Messe wie der Maastrichter Tefaf angeboten, würde sie leicht die Millionengrenze überspringen, meint Daniela Antonin. Nun aber gehört sie dem Hetjens-Museum.

(RP)
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