Düsseldorf Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs

Düsseldorf · Wo befindet sich Regisseur Dietrich Hilsdorf, wenn heute Abend ein festlich gestimmtes Opernpublikum die Premiere seiner Inszenierung "Die lustigen Weiber von Windsor" erlebt? "Ich gehe schwimmen", antwortet er. "Bleibe ich im Opernhaus, mache ich alle verrückt. Den ersten Ton warte ich ab und sage schnell noch toi, toi, toi. Dann bin ich weg." So hält er es in jeder Stadt. "In Essen schwamm ich einmal eine Stunde lang gegen den Strom." Er lächelt. "Ganz wie es meinem Naturell entspricht." Zum Verbeugen sei er aber pünktlich wieder auf der Bühne, versichert er.

Beim Gespräch, zwei Tage vor der Premiere der komisch-fantastischen Oper von Otto Nicolai, wirkt Dietrich Hilsdorf entspannt. "Nach 156 Inszenierungen hat man das Gefühl, man kann es", sagt er. Und dann sei es doch jedes Mal wieder anders. "Ich hatte zuerst eine große Abneigung gegen dieses musikalisch schwierige, sehr komplexe Stück. Wie die Schauspiel-Vorlage von Shakespeare wird es selten aufgeführt." Das Angebot aus Düsseldorf sei gekommen, "so etwas schlägt man nicht aus. Ich wollte auch nicht, dass es ein anderer macht." Bei der Vorbereitung freundete sich Hilsdorf mit dem Werk an. "Mein Bühnenbildner und ich lasen uns den Text laut vor. Von diesem Moment an erschien mir die Oper sehr lustig, wir konnten herzhaft lachen." So schätzt er auch das Düsseldorfer Publikum ein. "Man muss Theater für die Menschen machen, die es sehen wollen." Das hätte er kapiert, als er zum ersten Mal bei einem Musical Regie führte. Das Konzept ging auf, für "Jekyll and Hyde" in Bremen erhielt Hilsdorf 2007 den Theaterpreis "Faust". Es war seine Zeit der Umkehr: "Damals hörte ich auf, die Leute zu erschrecken, wie ich es als junger Mann so gerne tat." Was er jetzt aus den "lustigen Weibern", den Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs gemacht habe, gefiele bestimmt auch seiner Mutter, vermutet er: "Sie würde sogar mitsingen."

Dietrich Hilsdorf freut sich, dass Axel Kober vor seinem Einsatz in Bayreuth die "lustigen Weiber" zur Chefsache erklärte und heute am Dirigentenpult steht. Geradezu begeistert ist er von Hans-Peter König in der Partie des Falstaff: "Eine Ausnahmeerscheinung. Die Rolle ist ihm auf den Leib geschneidert." Während der gesamten Probenzeit verweilte der in Köpenick heimische Regisseur in Düsseldorf. Er beschäftigt sich bereits intensiv mit dem "Ring", den er 2017 an der Rheinoper inszenieren wird. "Auch bei Wagner zögerte ich lange", sagt er. "Jetzt habe ich Lust darauf. Es ist allein schon spannend, eine Figur wie Wotan zu durchleuchten."

(RP)
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