Düsseldorf Fotos vom Märchen der Vergangenheit

Düsseldorf · Der Fotokünstler Laurenz Berges zeigt im Weltkunstzimmer ausgewählte Arbeiten und eröffnet damit am 8. Juli das Asphalt-Festival. Das bringt zu Beginn der Sommerferien wieder Theater, Tanz, Musik und Kunst in die Stadt.

In seinen Bildern ist das meiste schon geschehen. Sie erzählen Vorgeschichten, zeigen Spuren von Leben, das sich einmal abgespielt hat, das eine Behausung gefunden hatte, ein Heim, einen Ort, und nun anderem Platz gemacht hat. Etwa das Foto eines zugewachsenen Fensters. Laurenz Berges hat es von innen nach außen aufgenommen. Die Kamera steht in einem verlassenen Haus, das außen überwuchert sein muss, wie ein Schloss im Märchen. Doch der Blick wird zurückgeworfen von den Spiegelungen in der Scheibe, er bleibt im Inneren des leeren Zimmers gefangen, in dem noch eine Glühbirne brennt, Lichtpunkt eines verlassenen Kosmos.

Das Foto trägt den Titel "Am Markt". Das ist die Adresse des nicht mehr bewohnten Hauses, zu dem Berges über einen Freund Zugang fand und dessen Geschichten sich nun im Kopf des Betrachters abspielen. So sind Berges Bilder zwar menschenleer, aber keineswegs tot. Bald wird "Am Markt" im Backraum der ehemaligen Brotfabrik an der Ronsdorferstraße zu sehen sein, die heute als Weltkunstzimmer firmiert. Unter dem Titel "Epilog" zeigt Berges eine Auswahl seiner Fotografien beim Asphalt-Festival. Mit seiner Ausstellung wird das Sommer-Kulturfest am 8. Juli eröffnet.

Berges ist ein Becher-Schüler. Der gebürtige Cloppenburger, 1966 geboren, studierte zunächst in Essen Kommunikationsdesign, suchte dann aber nach einer Möglichkeit, freier, mit weniger Anwendungsbezug Fotografie zu studieren und wurde Meisterschüler bei Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie. Dort fand er die gesuchte Freiheit. Becher habe in seinen Einzelgesprächen mit Studenten stets nur wenig direkt zu deren Arbeiten gesagt. "Man war auf sich selbst zurückgeworfen, hat aber gespürt, in welche Richtung man weitergehen sollte, während man mit ihm über alles Mögliche sprach, vor allem natürlich über Kunst."

Berges hat sein Atelier im selben historischen Gebäudekomplex wie Thomas Ruff und Andreas Gursky an der Hansaallee, schlichte hohe Räume, in denen nun großformatige Fotografien in Plastik gehüllt an der Wand lehnen. Bereit zum Abtransport in die Ausstellung. Die Räume im Weltkunstzimmer sind für Berges eine Herausforderung, weil die Architektur dort selbst Blicke auf sich zieht. Dafür kann er dort mit Tageslicht arbeiten, was ihm gut gefällt.

Gewonnen für das Festival hat ihn der Komponist und Asphalt-Mitbegründer Bojan Vuletic, mit dem Berges befreundet ist. "Mich reizt es, meine Bilder in einen neuen Zusammenhang zu stellen, der sich durch das Festival ergibt", sagt Berges, "es zieht ja nicht nur Kunstinteressierte an, sondern auch Leute, die eher Theater und Tanz schauen oder zu Konzerten gehen. Ich bin gespannt, wie dieses andere Publikum auf meine Arbeiten reagiert." Weil er selbst Vater dreier Kinder und damit an Schulferien gebunden ist, hat Berges das Sommerfestival in den vergangenen Jahren oft verpasst. Dieses Jahr freut er sich, auch die Arbeiten von Künstlern in anderen Sparten mitzuerleben.

Das Angebot ist auch diesmal wieder überaus vielfältig. Vuletic wird ein neues Werk aus seinem "Recomposing Art"-Zyklus aufführen, das sich mit Picassos Gemälde "Guernica" beschäftigt. Der brasilianische Tänzer und Puppenspieler Duda Paiva beschäftigt sich mit dem Thema Blindheit. Das Düsseldorfer Theaterkollektiv per.Vers führt in einen stillgelegten Tunnel am Wehrhahn. Howool Baek, Valentina Moar und Laia Sanmartin zeigen drei Solo-Tanzarbeiten, die Gruppe projekt-il lädt zu einer Performance ins K21. Das Maxim-Gorki-Theater aus Berlin ist zu Gast, mehrere Werke der gerade in Mülheim ausgezeichneten Dramatikerin Sibylle Berg sind zu erleben, an einem hochkarätig besetzten Jazz-Abend spielen Markus Stockhausen und Florian Weber, der bulgarische Performance-Künstler Ivo Dimchev ist zu Gast. Und am 10. Juli kommentieren die Schauspieler Bernhard Schmidt-Hackenberg und Moritz Führmann das EM-Endspiel zu Musik von Pianist Andreas Hirschmann. Das Asphalt-Festival verspricht also erneut, Leben und Esprit in die trägen Sommerferienwochen zu bringen.

(dok)
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