Gastro-Tipps Essen am großen Drachentisch

Düsseldorf · In der Nähe des Wehrhahns hat das vietnamesische Restaurant "Banh Boyo" eröffnet, das innen hübsch eingerichtet und draußen im besten Sinne urban ist.

Gastro-Tipps: Essen am großen Drachentisch
Foto: Endermann Andreas

Es gab da diese kurze Zeit, in der wir allen, die sagten, Düsseldorf sei ja schön, aber leider nicht cool, einfach nur das Wort "Flingern" entgegenhielten. Der Name des Stadtteils stand für einen Wandel, der aus der Ackerstraße - einst nur Autofahrern bekannt, die Staus auf den umliegenden Hauptstraßen umfahren wollten - ein Szeneviertel machte, das es mit den Lieblingsstadtteilen in Hamburg oder London aufnehmen konnte. Dann aber erfüllte sich die Theorie von der Gentrifizierung vollständig und so verschwanden die Begründer des Aufschwungs zugunsten von Immobilienprojekten, und Lautstärke und Öffnungszeiten von Lokalen wurden ein Thema unter neuen Nachbarn.

Vielleicht aber erlebt Flingern ganz in der Nähe des ersten Wandels seinen zweiten Coolness-Frühling. Denn dort, wo die Wehrhahn-Linie auf- und abtaucht, hat ein Restaurant eröffnet, das den schönen Stempel "urban" verdient: das "Banh Boyo". Das bleibt wohl auch nicht lang allein, denn nebenan wird schon die Eröffnung eines Ladens namens "Kamikaze Sushi" angekündigt.

Drinnen sorgt das vietnamesische Restaurant mit seinen vielen bunten Lampen, den türkis- und pinkfarbenen Hockern sowie dem Tisch, der an einen Drachenschwanz erinnert, auch bei Berliner Szenekennern mindestens für hochgezogene Augenbrauen. In Gänze entwickelt das "Banh Boyo" seinen Charme aber sogar erst, wenn es trocken und halbwegs warm ist. Dann besitzt es nämlich auch eine Terrasse, auf der die Gäste die geballte Misch-Optik aus Öffentlichem Personennahverkehr, den emsigen Lieferanten des Hauses und dem geparkten Foodtruck des Hauses haben.

Auf die Tische drinnen und draußen kommt eine Menge Pappe. Ein Schwerpunkt der Küche liegt auf Vorspeisen (Mon Khai Vi). Für jedes der 27 kleinen Gerichte gibt es eine eigene Karte, auf den Bestellzettel schreiben die Gäste dann einfach die Nummern ihrer Favoriten. Wer zudem oder stattdessen lieber ein Hauptgericht möchte, erhält die Auswahl gebündelt auf einer Karte mit einem netten Zusatz: Abgesehen von Pho- und Udon-Suppe werden alle Speisen auf Wunsch in vegetarischer Ausführung serviert. Das ist für die Küche auch deshalb kein Akt, weil sie ohnehin alles frisch und schmeckbar ohne Geschmacksverstärker zubereitet.

Viel falsch machen kann der Wähler nicht, er kann lediglich sein persönliches Fassungsvermögen überschätzen. Kleine Entscheidungshilfe von unseren Testbesuchen: Unter den Vorspeisen haben uns der Mango-Gurken-Salat, die gedämpften Hefeteigtaschen und das Rindfleisch mit grünen Bohnen ziemlich gut gefallen. Tatsächlich war die Neugier bei den vietnamesischen Tapas so groß, dass wir die Hauptgerichte nicht mehr gebraucht hätten. Andererseits waren es insbesondere die Garnelen mit Pakchoi, Erdnüssen und Zitronengras, die eine herrliche Mischung aus frisch, scharf und ungewöhnlich in uns auslösten. Dazu wiederum passte überraschend gut einer der Weine, die wir auf der Karte zunächst nicht vermutet hatten. Der Grauburgunder beispielsweise braucht genau solche Kontraste.

Am Ende steht ein Abend, an dem wir uns als Bewohner einer lässigen Stadt fühlen, an dem wir uns vom Service gut beraten und gut versorgt fühlen und an dem wir im Wesentlichen nur einen Kritikpunkt hatten. Der ganze Spaß ist nicht gerade günstig, selbst zu zweit ist man schnell jenseits von 50 Euro.

(RP)
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