Düsseldorf Eine leicht melancholische Komödie

Düsseldorf · René Heinersdorff inszeniert im Theater an der Kö die Filmadaption "Wir sind die Neuen". Zu erleben ist der Kampf der Generationen.

 Lutz Reichert (l.), Simone Rethel und Joachim H. Luger in der Komödie "Die Neuen".

Lutz Reichert (l.), Simone Rethel und Joachim H. Luger in der Komödie "Die Neuen".

Foto: Häntzschel

Wie ein Bollwerk bauen sich die drei Studenten vor den munteren Neuankömmlingen auf. Geheuer ist ihnen die mit großem Getöse eingezogene Wohngemeinschaft nicht. Drei ältere Leute, womöglich noch hilfsbedürftig. "Jurassic Park" zischeln sie giftig und markieren die Grenze zur unteren Etage: "Man grüßt sich im Treppenhaus, sonst lässt man sich in Ruhe." Zu aufreibend sei das Studium, da blieben keine Kapazitäten, um klapprigen Senioren unter die Arme zu greifen. Das verschmähte Trio versteht die Welt nicht mehr. Was hatten sie sich auf die jungen Nachbarn gefreut! Studenten, wie sie selbst es einst waren, feierfreudige Langschläfer mit lockerem Lebenswandel. Die humorlosen Pedanten sind eine herbe Enttäuschung für Johannes (Joachim H. Luger), Eddi (Lutz Reichert) und Anne (Simone Rethel). Kläglich verpufft ihr Jubelschrei "Wir sind die Neuen!"

Im "Theater an der Kö" inszenierte René Heinersdorff die Bühnenfassung der gleichnamigen Filmkomödie. Solche Adaptionen sind oft heikel. Hier kommt dem Stück entgegen, dass die Handlung sich auf zwei Wohnungen beschränkt. Einziges Mobiliar ist ein Tisch mit Stühlen, der von allen Parteien benutzt wird. Luftig gezimmerte Gestelle aus unbehandeltem Holz bilden die Kulisse. Das Ganze hat etwas Unfertiges, Improvisiertes. Dafür treten die Figuren umso kantiger hervor. Wie Klone hämmern die Studenten in ihre Laptops, erschöpft von der Uni. Die ehrgeizige Katharina (Katarina Schmidt), die nassforsche Barbara (Julie Stark) und der verklemmte Thorsten (Florian Gierlichs) würdigen sich keines Blickes und setzen (etwas zu häufig) die immer gleichen monotonen Floskeln ab.

Ganz anders die Alten, die ihre Gefühle vor sich hertragen, die bockig sind, streitlustig, verletzend - aber auch schnell wieder versöhnt. Sorgen haben sie alle drei. Eddi verschweigt seine Krankheit. Johannes, obwohl Rechtsanwalt, hat so wenig Geld wie die Biologin Anne, der Schleiereulen wichtiger waren als ihre Karriere. Allein kann sie sich keine Wohnung in der Stadt mehr leisten. Deshalb die WG mit ihren alten Kumpels.

Die jungen Spunde können mit den Annäherungsversuchen der Oldies nichts anfangen. Kaltblütig kontern sie: "Wir sind keine Gleichgesinnten, wir sind die Ablösung." Die verhärteten Fronten weichen erst auf, als jeder Student auf andere Weise in Bedrängnis gerät. Ein schönes Bild, wenn sich die Generationen in über Kreuz angelegten Szenen näherkommen. "Wir sind die Neuen" ist keine schrille Komödie, auch jagen sich nicht permanent die Gags. Heiter und unterhaltsam geht es dennoch zu, bisweilen auch eine Spur melancholisch. Wie es halt so ist, wenn sich reife Menschen wehmütig ihrer verlorenen Jugend erinnern. Nur Eddi bleibt realistisch: "Zeit gibt es nicht zurück." Die Rollen der Studenten sind anfangs sehr statisch angelegt, was die drei Schauspieler dazu zwingt, mit gebremstem Schaum zu agieren. Später dürfen sie auf die Pauke hauen und es ihren Hausgenossen gleich tun, die vom Start weg Narrenfreiheit genießen und dies weidlich ausnutzen. Simone Rethel tänzelt kokett über die Bühne, Lutz Reichert legt eine souveräne Punktlandung hin, und Joachim Luger hat als gelenkiger Zausel einen Mordsspaß.

Dem Premierenpublikum schmeckte die Mischung, es gab viel Beifall für das homogene Ensemble.

(RP)
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