Düsseldorf Die Sphinx aus Sand ist nichts für die Ewigkeit

Düsseldorf · Ein wilder Mix mit beißenden Untertönen: Das NRW-Forum im Ehrenhof zeigt eine Werkschau des Künstlers Olaf Breuning.

 Viel Arbeit, imposantes Ergebnis: Olaf Breunings "Sand Sculpture", zu sehen im NRW-Forum.

Viel Arbeit, imposantes Ergebnis: Olaf Breunings "Sand Sculpture", zu sehen im NRW-Forum.

Foto: Olaf Breuning/NRW-Forum

Als Olaf Breuning vor acht Jahren bei der hippen Kunstmesse Art Basel Miami Beach seine imposante "Sand Sculpture" installierte, staunte die Kunstwelt nicht schlecht. Die aus sechzehn Tonnen Sand geformte Sphinx mit Paul-Klee-Kopf und mächtigen Brüsten war nämlich ein temporäres Kunstwerk, das nach wenigen Tagen zerstört war. Das war nicht einmal Vandalismus, denn Breuning hat nichts gegen Berührungen durch die Besucher. Es waren auch Wind und Wetter, die der Sand-Sphinx zusetzten, denn in Miami thronte die Skulptur am Strand. Dass ein Künstler ausgerechnet zur extrem teuren, die reichsten Sammler der Welt anziehenden Kunstmesse ein unverkäufliches und zerfallendes Kunstwerk mitbringt, wurde damals als radikal widerständige und konsumkritische Geste verstanden.

Nun hat Breuning seine monumentale Figur noch einmal aufbauen lassen, diesmal aber im Eingang zu seiner ersten umfassenden Retrospektive, die NRW-Forum-Chef Alain Bieber stolz als seine erste ganz in eigener Verantwortung ausgerichtete Schau bezeichnet. Der Wahl-New-Yorker Breuning, der in Jeans, T-Shirt, Sneakers und zerzauster Frisur im gebremsten Schweizer Tonfall bereitwillig Fragen zu seiner Kunst beantwortet, hofft, dass die Sphinx diesmal "mindestens zwei Monate hält". Mit dem Wort Retrospektive tut Olaf Breuning sich allerdings etwas schwer. "Ich bin ja noch nicht neunzig", gibt der 46-Jährige freundlich zu Bedenken und spricht stattdessen von einer "Midlife-Show statt von einer Midlife-Crisis".

"Fünf Leute haben geschuftet wie die Pferde", so erklärt der Künstler die Sand-Fleißarbeit, die im Untergeschoss statischer Unterstützung bedürfe, damit der Boden nicht nachgebe. Breuning arbeitet immer mit Assistenten, nur am Anfang, als er noch "erfolglos" war, hat er seine Installationen und Tableaus alle selbst zusammengetragen, ausgeleuchtet und aufgebaut und dann abgelichtet. Wie etwa "They Live" von 1999, eine Fotoarbeit, die nun als riesige Wandtapete zu sehen ist: Mehr als 30 Freunde trommelte er zusammen für das an Motive und Ikonen der Medien-, Kunst- oder Pop-Geschichte anspielende Tableau.

Rund 100 Werke Breunings sind im NRW-Forum zu sehen, die Auswahl reicht von kleinformatigen, äußerst delikaten Zeichnungen über große Fototapeten bis hin zu Installationen mit Keramik-Elementen oder japanischen Plastik-Lebensmittel-Imitationen und Videoarbeiten. Stilistisch fällt es schwer, Breunings überschäumende Bilder- und Formenfantasie einzuordnen. Er schöpfe aus 150 Jahren Kunstgeschichte, sagt er, aber gleichberechtigt funken Einflüsse von Pop- und Medienkultur in sein Werk, das insgesamt mit erfrischender Unbekümmertheit Kitsch mit Betroffenheit und Heiligtümer der Kunst mit Emblemen der amerikanischen Konsumkultur schmückt.

In seinen ersten Jahren war er von der Ästhetik der Horrorfilme beeindruckt, inzwischen knöpft er sich lieber erlauchte Kolleginnen und Kollegen vor, um sie verfremdend zu zitieren oder ganz buchstäblich zu verkörperlichen. Die Serie "Art Freaks" zeigt großformatige Porträts von nackten Models, auf deren Haut Breuning Gemälde von Jackson Pollock, Francis Bacon, Edvard Munch und vielen mehr bannte. Auf diese Weise huldigte er nicht nur geschätzten Kollegen. "Damien Hirst ist auch dabei, obwohl ich ihn eigentlich nicht mag" gibt Breuning unter dem "Freak" zu, der die stereotypen Punkt-Bilder Hirsts karikierend zitiert.

Beißende Ironie zieht sich als roter Faden durch beinahe alle Arbeiten Breunings - mit durchaus bitteren Untertönen. Man mag es kaum glauben, wenn der Künstler behauptet, viele Arbeiten entstünden "nur aus dem Bauch". Die dreiteilige Video-Arbeit "Home" etwa, die einen täppischen Fake-Touristen politisch unkorrekt Länder wie Japan, Papua-Neuguinea oder Amish-People in Pennsylvania aufmischen lässt, ist gerade in ihrer scheinbaren Grobheit höchst subtil.

(RP)
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