Düsseldorf Die Ruhe vor den Narren

Düsseldorf · Die Stadtbibliotheken haben Altweiber geöffnet. Wer an diesem Tag dort ist, hat mit Karneval nicht viel zu tun.

Wer an Altweiber in die Zentralbibliothek möchte, muss sich durchkämpfen. Es ist kurz nach 13 Uhr, die närrische Stunde hat längst geschlagen, und auf dem Bertha-von-Suttner-Platz stehen Kostümierte in Gruppen zusammen.

Doch schon im Vorraum der großen Bibliothek wird es ruhiger. Nur eine Hippiedame, die gerade in der Nähe war, nutzt die Gelegenheit, schnell einige ihrer Bücher zurückzubringen. Nach neuen Büchern möchte sie heute aber nicht mehr stöbern. "Wer feiern geht, kann nicht mehr lesen, und wer nicht gern feiert, kann hier die Ruhe genießen", sagt sie.

Tatsächlich ist es in der Bücherei auffallend still. Gedämpfte Gespräche schwirren durch die Luft, Blätter rascheln, und Kugelschreiber kritzeln auf Papier. "Es ist ein wenig ruhiger als an den üblichen Tagen", sagt Diana Bengel, stellvertretende Leiterin der Zentralbibliothek. Gemerkt habe sie das schon, als elf Minuten vor elf Uhr elf die Türen geöffnet wurden. "Die Menschen strömten nicht wie sonst hinein", erzählt sie. "Die Jecken werden heute wohl feiern. Ich hoffe, sie sind nicht nach Köln gefahren." Während in der oberen Etage einige Schüler und Studenten eifrig lernen, verkündet ein Aufstellschild im Erdgeschoss, dass die fünfte Jahreszeit gekommen ist. Auf einem Tisch wurde ein passendes Literaturangebot ausgelegt. Von Büttenreden bis zu letzten Kostümtipps finden die Karnevalisten dort alles, um sich noch in letzter Minute auf die jecken Tage vorzubereiten. Die Nachfrage scheint allerdings gering.

An Altweiber ist die Stadtbibliothek narrenfreie Zone. So ist die Gefahr relativ gering, beim Schlendern durch die Gänge plötzlich auf Monster, Vampire, Giraffen und Tiger zu treffen. Nur in der Kinderabteilung sitzt eine kleine Prinzessin und schmökert in einem Buch. "Wir hatten heute aber auch schon Besuch von einer Wonderwoman", sagt Bibliothekarin Michaela Hutzheimer. Wer an diesem Tag die Bibliothek aufsucht, hat mit Karneval "nicht viel am Hütchen", wie Martha Stahl sagt. Sie hat es sich auf den Treppen im "Lesefenster" der Bibliothek bequem gemacht und liest in der "Zeit". "Ich komme aus Stuttgart, da gibt es nur den Karnevalsdienstag." Sie sieht von der Zeitung auf und blickt sich in dem Lesesaal um. "Ich habe aber schon den Eindruck, dass hier sonst mehr los ist."

Beim Verlassen der Bibliothek ist Karnevalsmusik zu hören, ein Trupp brauner Bären zieht vorbei und erinnert daran, dass Altweiber ist. Am Rosenmontag bleibt die Bibliothek übrigens geschlossen.

(ubg)
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